Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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ordentlichen Formen errichtet werden. 
Besonderheiten: a. Zur Errichtung eines 
Nottestaments vor dem Gemeindevor- 
steher nach 2249 genügt es, wenn die dort 
vorausgesetzte Gefahr nur auf Seite eines 
Ehegatten besteht, 2266. b. Die Errich- 
tung eines eigenhändigen gemT ist inso- 
fern erleichtert, als es genügt, daß der 
eine Ehegatte seinen letzten Willen in der 
dafür vorgeschriebenen Form, 2231 Ziff 2, 
erklärt und der andere in derselben Form 
die Erklärung beifügt, daß das T auch 
als sein T gelten solle, 2267. c. Bei Er- 
richtung eines gemT vor Richter oder No- 
tar nach 2231 Ziff 1 kann der eine Ehe- 
gatte mündlich, der andere durch Über- 
gabe einer Schrift seinen Willen erklären, 
2238; die Einheitlichkeit der Errichtung 
wird dadurch nicht berührt; daher kann 
auch, wenn einer stumm ist, der andere 
mündlich erklären (so Dernburg und Stro- 
hal gegen Planck); ist dagegen einer 
minderjährig oder kann er Geschriebenes 
nicht lesen, 2238 Abs 2, so können beide 
korrespektive Verfügungen nur mündlich 
treffen (so auch Strohal und Dernburg mit 
Planck). — 2. Rechtswirksamkeit: Vor- 
aussetzung für die Gültigkeit des gemT ist 
das Bestehen der Ehe zur Zeit der Errich- 
tung; es ist daher seinem ganzen Inhalt 
nach unwirksam, wenn die Ehe nichtig 
oder mit Erfolg angefochten ist. Ist die 
Ehe vor dem Tode eines Ehegatten aufge- 
löst oder hatte dieser mit Recht eine Klage 
auf Scheidung oder Aufhebung der ehe- 
lichen Gemeinschaft vor seinem Tode er- 
hoben, so ist das gemT unwirksam mit 
Ausnahme der Verfügungen, von denen 
anzunehmen ist, daß sie auch für diesen 
Fall getroffen sein würden, 2268. Soweit 
die Verfügungen eines gemT korrespek- 
tive sind, hat das Gesetz das Bestehen der 
einen zur Rechtsbedingung für das Beste- 
hen der anderen erhoben; die Nichtigkeit 
oder der Widerruf der einen hat daher, 
ohne daß Anfechtung erforderlich wäre, 
die Unwirksamkeit der anderen zur Folge, 
2270 Abs 1; diese gegenseitige Bedingt- 
heit besteht jedoch nur für Erbeinsetzun- 
gen, Vermächtnisse und Auflagen, Abs 3; 
andere Verfügungen, z. B. Ernennung ei- 
nes Testamentsvollstreckers, familien- 
rechtliche Anordnungen, sind nur gege- 
benenfalls nach 2078 Abs 2 anfechtbar. Für 
die Korrespekfivität der in einem gemT 
enthaltenen Verfügungen stellt das Ge- 
setz, 2270 Abs 2, eine widerlegbare Ver- 
  
Gemeinschaftliches Testament. 
mutung auf, wenn die Eheleute sich ge- 
genseitig bedacht haben oder wenn ein 
Ehegatte den andern und dieser eine dem 
ersteren nahestehende Person bedacht 
hat. Haben die Ehegatten sich gegen- 
seitig zu Erben eingesetzt und bestimmt, 
daß nach dem Tode des Überlebenden 
der beiderseitige Nachlaß an einen 
Dritten fallen soll — sog Berliner Testa- 
ment —, so wird vermutet, daß der Dritte 
nicht Nacherbe des zuerst Versterbenden 
der Ehegatten, sondern für den gesamten 
Nachlaß nur Erbe des Überlebenden wer- 
den soll, 2269 Abs 1, woraus namentlich 
folgt, daß der Überlebende nicht wie ein 
Vorerbe beschränkt ist und daß der Dritte 
den Tod des Überlebenden erleben muß; 
Entsprechendes ist für Vermächtnisse be- 
stimmt, Abs 2. — 3. Widerruf. Die erheb- 
lichsten Besonderheiten des gem T betref- 
fen dieWiderruflichkeit; diese ist nach ver- 
schiedenen Richtungen beschränkt und da- 
durch das gemT dem Erbvertrage ange- 
nähert: a. Bei Lebzeiten beider Ehegatten 
kann der Widerruf durch beide gemein- 
sam in den gewöhnlichen Formen er- 
folgen, insbesondere auch durch gemein- 
same Zurücknahme der in amtlichen Ver- 
wahr gegebenen Urkunde, 2272. Soweit 
die Verfügungen nicht korrespektive sind, 
können sie auch einseitig durch eine neue 
Verfügung von Todes wegen eines Ehe- 
gatten widerrufen werden. Korrespektive 
Verfügungen können dagegen einseitig 
durch einen Ehegatten nur widerrufen 
werden in der Form, die das Gesetz für 
den Rücktritt von einem Erbvertrage vor 
schreibt, nämlich durch gerichtlich oder 
notariell beglaubigte Erklärung gegenüber 
dem andern Ehegatten, 2271, 2296. Enthält 
also das Testament teils korrespektive, 
teils andere Verfügungen, so muß der 
Widerruf für jede von beiden Arten in 
anderer Form erfolgen. b. Nach dem 
Tode eines Ehegatten werden die korre- 
spektiven Verfügungen des Überlebenden 
unwiderruflich; jedoch kann, falls die Ver- 
fügung des Verstorbenen in einer Zuwen- 
dung an den Überlebenden besteht, dieser 
seine Verfügung aufheben, wenn er das 
ihm Zugewendete ausschlägt; auch nach 
der Annahme des ihm Zugewendeten 
kann er sie noch aufheben, wenn der von 
ihm bedachte Dritte sich einer Verfehlung 
schuldig macht, die ihn zur Entziehung 
des Pflichtteils berechtigen würde, falls 
der Dritte ein Abkömmling von ihm wäre;
	        
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