Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Gerichtsstand (Zivilprozeß). 
unterscheidet allgemeine und besondere 
G, ausschließliche und nichtausschließ- 
liche G. Ausschließlich ist ein G, wenn 
die Klage nur in diesem, niemals in einem 
anderen G erhoben werden darf. — Es gilt 
der Satz: actor forum rei sequitur. Der 
Kläger hat den Beklagten in dessen Forum 
zu belangen; unter mehreren zuständigen 
Gerichten hat der Kläger die Wahl. 
Stein in Gaupp-Stein Komm 1 49 teilt die G ein in: 
1. allgemeine (persönliche): für alle Klagen gegen eine 
Person, gleichviel, welcher Art, sofern nicht für eine Klage 
ein ausschließlicher G begründet ist; — 2. besondere 
(sachliche): die auf einer Eigenschaft der Klage oder einer 
iehung des Streitgegenstandes beruhen; — 3. Misch- 
geriohtsstände: für alle Klagen einer bestimmten Art gegen 
eine bestimmte Person. 
II. Die allgemeinen G der Z 13—19 
sind: 
1. Der G des Wohnsitzes, forum domi- 
cilii; der Wohnsitz bestimmt sich nach den 
Vorschriften des B. 
2. Der G des Aufenthaltsortes für solche 
Personen, die keinen Wohnsitz, aber ei- 
nen deutschen Aufenthaltsort haben. 
3. Der G des letzten Wohnsitzes für 
solche Personen, deren Wohnsitz oder 
Aufenthaltsort nicht bekannt ist. 
4. Der G des Sitzes der Verwaltung der 
Gemeinden, Korporationen und der passiv 
parteifähigen Gesellschaften, Vereine und 
Vermögensmassen; für Behörden, die als 
solche verklagt werden können, der Amts- 
sitz; für den Fiskus ist der Sitz der ihn 
vertretenden Behörde maßgebend. 
Ill. Besondere G der Z 20—34 sind: 
1. Der G des Berufsaufenthaltes wegen 
vermögensrechtlicher Ansprüche: für Per- 
sonen, die an einem Orte unter Verhält- 
nissen, die ihrer Natur nach auf einen 
Aufenthalt von längerer Dauer hinweisen, 
sich aufhalten; z. B. Dienstboten, Fabrik- 
arbeiter, Gewerbegehilfen, Studenten, 
Einjährig-Freiwillige, Schüler, Lehrlinge. 
2. Der G der Niederlassung, von der aus 
unmittelbar Geschäfte geschlossen wer- 
den: für alle Klagen, die auf den Ge- 
schäftsbetrieb der Niederlassung Bezug 
haben. 
3. Der G des Sitzes der Verwaltung von 
Gemeinden, Korporationen, Gesellschaf- 
ten und Vereinen: für Klagen gegen Mit- 
glieder als solche und von Mitgliedern 
untereinander. 
4. Der G der Vermögens (entsprechend 
dem forum arresti, aber nicht gleichbe- 
deutend damit) für Personen, die im Deut- 
schen Reiche keinen Wohnsitz haben: 
wegen vermögensrechtlicher Ansprüche; 
die Zuständigkeit ist überall da begründet, 
  
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wo Vermögen des Beklagten, gleichviel, 
ob es zur Zwangsvollstreckung ausreicht 
oder nicht, sich befindet. 
5. Der G der belegenen Sache (forum 
rei sitae) ist ein ausschließlicher beson- 
derer Gerichtsstand für Immobiliarklagen, 
durch die das Eigentum, eine dingliche 
Belastung oder die Freiheit von einer sol- 
chen geltendgemacht wird, ferner die 
Grenzscheidungs-, Teilungs- und Besitz- 
klagen. 
Außerdem ist der dingliche G für persönliche Klagen 
gegen den Eigentümer, aber nicht ala ausschließlicher, ge- 
geben. Hierfür gelten folgende Sätze: 
a) In dem dinglichen G kann mit der Klage aus einer 
Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Schuld- 
klage, mit der Klage auf Umschreibung oder Löschung 
einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Klage 
auf Befreiung von der persönlichen Verbindlichkeit, mit 
der Klage auf Anerkennung einer Reallast die Klage auf 
rückständige Leistungen erhoben werden, wenn die ver- 
bundenen Klagen gegen denselben Beklagten gerichtet sind. 
b) In dem dinglichen G können persönliche Klagen, 
welche gegen den Eigentümer oder Besitzer einer unbe- 
weglichen Sache als solchen gerichtet werden, sowie Klagen 
wegen Bes« eines Grundstückes oder in betreff 
der Entschädigung wegen Enteignung eines Grundstückes 
erhoben werden. 
6. Der G der Erbschaft ist in folgenden 
Fällen gegeben: a. Klagen, welche die 
Feststellung des Erbrechtes, Ansprüche 
des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, 
Ansprüche aus Vermächtnissen oder son- 
stigen Verfügungen von Todes wegen, 
Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der 
Erbschaft zum Gegenstande haben, kön- 
nen vor dem Gericht erhoben werden, bei 
welchem der Erblasser zur Zeit seines To- 
des den allgemeinen G gehabt hat. Ist 
der Erblasser ein Deutscher und hatte er 
zur Zeit seines Todes im Inlande keinen 
allgemeinen G, so können diese Klagen 
vor dem Gericht erhoben werden, in des- 
sen Bezirke der Erblasser seinen letzten 
inländischen Wohnsitz hatte. — b. In dem 
G der Erbschaft können auch Klagen we- 
gen anderer Nachlaßverbindlichkeiten er- 
hoben werden, solange sich der Nachlaß 
noch ganz oder teilweise im Bezirke des 
Gerichtes befindet oder die vorhandenen 
mehreren Erben noch als Gesamtschuld- 
ner haften. 
7. Für Klagen auf Feststellung des Be- 
stehens oder Nichtbestehens eines Ver- 
trages, auf Erfüllung oder Aufhebung 
eines solchen sowie auf Entschädigung 
wegen Nichterfüllung oder wegen nicht 
gehöriger Erfüllung ist das Gericht des 
Ortes zuständig, wo die streitige Ver- 
pflichtung zu erfüllen ist. Der G ist also 
ein forum solutionis, d. h. ein G des Er- 
füllungsortes; dagegen bestand im gemRe 
die Zuständigkeit des Abschlußortes, fo- 
rum contractus.
	        
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