Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Geschlecht — Geschlechtskrankheit. 
(Scheide). Am Sinus urogenitalis ist 
außen der sog Geschlechtshöcker; an die- 
sen reihen sich die Geschlechtswülste. 
Aus jenem geht der Penis bzw die Cli- 
toris (Kitzler) hervor, aus diesen die bei- 
den Hälften des Hodensacks bzw die gro- 
Ben Schamlippen. Die Geschlechtsfalte 
zwischen den beiden Geschlechtswülsten 
schließt sich beim Manne zur Raphe 
(Naht) des Hodensacks, beim Weibe 
bleibt jene Falte offen und bildet die 
Schamspalte. Hiernach ist es einleuch- 
tend, daß die Bestimmung des Geschlech- 
tes bisweilen dann zweifelhaft werden 
kann, wenn sich z.B. innen Testikel und 
äußerlich anscheinend weibliche Genita- 
lien bei demselben Individuum entwickelt 
haben. Bei Kindern ist die Entscheidung 
über das Geschlecht nicht so schwierig 
wie bei Erwachsenen besonders dann, 
wenn diese noch sich weibisch aufputzen, 
das Haar lang wachsen lassen und sonsti- 
gen weibischen Allüren huldigen. Weni- 
ger das äußere Aussehen und die Anga- 
ben des Individuums als die Untersuchung 
der Genitalien sind berücksichtigungs- 
wert. Cohn. 
Geschlechtsehre. Wegen Ehebruchs, 
S 172, und wegen Verbrechens oder Ver- 
gehens wider die Sittlichkeit nach S 174, 
176, 177 (Notzucht), 179, 181 (nicht ge- 
wohnheitsmäßige oder aus Eigennutz be- 
triebene Kuppelei), 182 (Verführung eines 
unbescholtenen Mädchens unter 16 Jah- 
ren), 184 Abs 1 Nr 2, 184 a haftet der Tä- 
ter auf Schadensersatz nach B 823 Abs 2, 
Auch ohne Begehung einer strafbaren 
Handlung haftet nach B 825, wer eine 
Frauensperson durch Hinterlist, durch 
Drohung oder durch Mißbrauch eines Ab- 
hängigkeitsverhältnisses zur Gestattung 
der außerehelichen Beiwohnung be- 
stimmt. Der Anspruch steht nur einer 
Frauensperson zu, mag sie ledig, verhei- 
ratet oder verwitwet sein, auch wenn sie 
nicht mehr unbescholten ist, BIFRA 64 
225, und nur, wenn zur Verführung eines 
der bestimmt bezeichneten, verwerflichen 
Mittel angewendet worden ist, nämlich 
Hinterlist — Handlung mit Vorbedacht 
und Verdeckung der wahren Absicht ge- 
gen die Unvorbereitete — vgl ROSt 2 75, 
22 312, S 181 Abs 1 Nr 1, 223a —, Dro- 
hung, d. h. Ankündigung eines Übels, wo- 
zu auch die Belassung eines vorhandenen 
Übels gehört, dessen Fortbestand von der 
Tätigkeit des Drohenden selbst abhängt, 
  
623 
RGSt 14 264, auch die Erstattung einer 
Strafanzeige, Mißbrauch eines Abhängig- 
keitsverhältnisses, zz B. des Dienstmäd- 
chens vom Dienstherrn, der Fabrikarbei- 
terin vom Werkführer, der Schuldnerin 
vom Gläubiger. Auch das Verhältnis zum 
Arzt, Rechtsbeistand oder Geistlichen 
kann in Betracht kommen. Mißbrauch des 
Abhängigkeitsverhältnisses erfordert aus- 
drückliche oder stillschweigende Bezug- 
nahme auf dasselbe — ROLG 3 210; OLG 
Karlsruhe in Recht 02 482, 04 513 = 
BadRPr 148 —, welche das Bewußtsein 
des Täters von der bewirkten Beeinträch- 
tigung der freien Willensbestimmung auf 
seiten der Frauensperson stets einschlie- 
ßen wird. Die Bestimmung zur Beiwoh- 
nung muß vorsätzlich erfolgt, der Schaden 
braucht aber nicht vorausgesehen, voraus- 
sehbar oder beabsichtigt gewesen zu sein. 
Wegen des Entschädigungsanspruches 
der Verlobten: B 1300, wegen des An- 
spruchs der unehelichen Mutter: B 1715, 
1716. Ihr kann nach B 825, 830 Abs 1 
Satz 2, 840 ein Anspruch gegeben sein, wo 
ein Anspruch aus B 1708, 1715, 1716 in- 
folge der Einrede der mehreren Beischlä- 
fer versagt. Wegen des Umfangs des zu 
leistenden Ersatzes sind B 842 ff, 847 maß- 
gebend. Dem Vater steht ein Anspruch 
nur nach B 845, 846, dem Ehemanne ein 
solcher nach B 845, 846, 823 Abs 2 (S 172), 
beiden bei vorsätzlicher Schadenszufü- 
gung ein solcher nach B 826, keinem 
aber ein Ersatz bloß moralischen Scha- 
dens zu, Umkehrschluß aus B 845, 847. 
Siehe Unerlaubte Handlung; dort auch die einschlägige 
Fromberz. 
Literatur. 
Geschlechtskrankheit. Zu den Ge- 
schlechtskrankheiten, die besonders foren- 
sisch in Betracht kommen, z. B. bei einer 
Infektion, die ein angeblicher Stuprator 
einem stuprierten Kinde beigebracht ha- 
ben soll, zählen Gonorrhoe und Syphilis. 
Vor allem die Gonorrhoe (Tripper) ist 
leicht auf das kindliche Genital zu über- 
tragen. Hierbei ist besonders auf Gono- 
kokken zu fahnden. Diese können jedoch 
fehlen, und dann ist auf den schleimigen 
Ausfluß aus der Harnröhre des Stupra- 
tors Wert zu legen; indessen ist dies we- 
niger ausschlaggebend als der Befund von 
Gonokokken im Sekret des Täters. Fal- 
sche Anschuldigungen sind jedoch nicht 
allzu selten. Die Möglichkeit ist gegeben, 
daß das angeblich stuprierte Kind seine 
Gonorrhoe auch durch Schlafen im Bette 
zusammen mit einer erwachsenen infi-
	        
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