Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Auslieferung. 
so steht es natürlich dem Staat, der 
die Alf verlangt hat, frei, nachträglich die 
Zustimmung des Asylstaates zur Verfol- 
gung einzuholen. 
Für das Verfahren in Auslieferungs- 
sachen mangelt es in Deutschland an all- 
gemeinen Vorschriften, und es ist deshalb 
in dieser Beziehung für jeden Bundesstaat 
mit Besonderheiten zu rechnen. 
Bei Auslieferungen aus Deutschland ist 
das Verfahren in der Hauptsache ein Ver- 
waltungsvorgang, dessen Entscheidung 
bei den Ministerien der Justiz und den 
Ministerien der auswärtigen Angelegen- 
heiten, bei einigen Bundesstaaten auch 
den Ministerien des Innern (Preußen und 
Württemberg) liegt. Das auf diploma- 
tischem Wege eingehende Ersuchen ge- 
langt durch die Ministerien an die Lokal- 
behörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Ge- 
richte), welche die Sache, nachdem der 
Gesuchte festgenommen ist und vernom- 
men wurde, zur Entscheidung wieder zu- 
rückzuliefern haben. Selbst Österreich 
gegenüber, das mit unseren Gerichten und 
Staatsanwaltschaften direkt verkehrt, ha- 
ben sich neuerdings die Zentralinstanzen 
die Entscheidung über die Auslieferungs- 
bewilligung vorbehalten, offenbar um ein 
gleichmäßiges Verfahren herbeizuführen. 
Die bei Auslieferungen nach Groß- 
britannien und Nordamerika aus Gründen 
der Reziprozität erforderlichen gericht- 
lichen Vernehmungen und Entscheidun- 
gen werden aus ministeriellem Auftrag 
durch die Polizeibehörden oder Staatsan- 
waltschaften bei den Strafkammern der 
Landgerichte beantragt und erwirkt. 
Das Verfahren bei Alf nach Deutschland 
ist durch allgemeine Anordnungen des 
Auswärtigen Amtes, welche in jedem Bun- 
desstaat von den Zentralinstanzen verkün- 
det und überwacht werden, ein gleich- 
mäßiges geworden, wenn man von der in 
den einzelnen Bundesstaaten verschiede- 
nen Behördenorganisation absieht. 
Die Anregung zur Alf geht von den 
Strafverfolgungsbehörden und Strafvoll- 
streckungsbehörden aus. Als solche kom- 
men in Betracht die Staatsanwaltschaft, 
der Untersuchungsrichter, das Amtsge- 
richt und die Strafkammer. Doch ist es 
Sache der pflichthaften Erwägung dieser 
Behörden, ob sie die Anregung geben sol- 
len oder nicht. Maßgebend ist dabei die 
Abwägung des durch die Alf für den Ver- 
brecher entstehenden Übels und der dem 
  
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Staat entstehenden Kosten gegen die 
Schwere der Tat und die Höhe der zu er- 
wartenden Strafe. 
Die Anregung erfolgt in einem an den 
zuständigen Minister erstatteten Bericht, 
der den Tatbestand unter Hervorhebung 
etwa zweifelhaft gebliebener Punkte, wie 
Verjährung, Strafantrag, die Staatsangehö- 
rigkeit des Auszuliefernden, erörtert und 
hinzufügt, ob auch die Beschlagnahme 
und Ausfolgung bei dem Verfolgten ge- 
fundener Sachen erstrebt wird. Der Be- 
richt ist, wenn die später zu vollziehende 
vorläufige Festnahme vorher schon direkt 
beantragt ist, ganz besonders zu beschleu- 
nigen wegen der für die Dauer der vorläu- 
figen Festnahme gesetzten Fristen. Dem 
Berichte sind die nach dem Vertrag er- 
forderlichen Urkunden, auf deren Abfas- 
sung besondere Sorgfalt zu verwenden ist, 
beizufügen. Urteilsausfertigungen sind 
die Entscheidungsgründe, bei Schwurge- 
richtsurteilen Abschrift des Wahrspruchs 
der Geschworenen beizulegen. Sollte sich 
auch daraus nicht alles Erforderliche er- 
geben, so ist ein neuer entsprechend ge- 
faßter Haftbefehl zu erwirken und beizu- 
legen. Die gerichtlichen Haftbefehle sind 
so abzufassen, daß sich aus dem Zusam- 
menhalt mit dem Auslieferungsvertrag die 
Begründetheit des Antrags ohne weiteres 
ergibt. Ist die fremde Gesetzgebung be- 
kannt, so sind die nach derselben bedeu- 
tungsvollen besonderen Merkmale eben- 
falls zum Ausdruck zu bringen. Die straf- 
gesetzlichen Bestimmungen des Deut- 
schen Reichs sind beizufügen. Ergibt 
sich beim Vorliegen mehrerer strafbarer 
Handlungen für eine derselben Zweifel, 
ob die Alf zu verlangen ist, so ist 
für diese Tat besonderer Haftbefehl 
beizufügen. Für jeden Verfolgten ist ein 
gesonderter Haftbefehl einzureichen. Die 
Urkunden sind von einem Richter zu be- 
glaubigen oder als Urschrift vom Richter 
unterschrieben vorzulegen. Personalbe- 
schreibung und Abbildung sind beizuge- 
ben. Den für England und Nordamerika 
erforderlichen Protokollen beeidigter Zeu- 
genaussagen ist am Schlusse die Beurkun- 
dung hinzuzufügen, daß die Aufnahme 
derselben vor dem mit Vor- und Zu- 
namen sowie Titel unterzeichneten Richter 
der Wahrheit gemäß stattgefunden hat. 
Anträge auf Fahndung nach dem ge- 
suchten Verbrecher sind zwecklos, da für 
die fremden Staaten die Festnahme nur
	        
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