Gesetz.
in der Unterzeichnung einer den Gesetzes-
text enthaltenden Urkunde durch den Mon-
archen, unter Beifügung des Datums, des
Staatssiegels und der Gegenzeichnung des
Ministeriums oder wenigstens eines Mi-
nisters. Durch die Gegenzeichnung über-
nehmen die Minister keine Verantwort-
lichkeit für den Inhalt des Gzes, da sie
von dieser durch die Zustimmung des
Landtags entlastet sind, wohl aber sind
sie dafür verantwortlich, daß der Wort-
laut des Ozes, so wie er in der Gesetzes-
urkunde enthalten ist, die verfassungsmä-
Bige Zustimmung des Landtags erhalten
hat. Für die Verkündigung bestehen
überall Gesetzsammlungen, welche frei-
lich oft auch noch zur Bekanntmachung
anderer Anordnungen dienen.
6. Da die Verfassung des Reichs anders
wie die der monarchischen Einzelstaaten
ist, so weicht der Weg der Reichsgesetz-
gebung mehrfach von dem der Landesge-
setzgebung ab.
a. Die Feststellung des Gesetzesinhalts
erfolgt durch übereinstimmende Mehr-
heitsbeschlüsse des Bundesrats und des
Reichstags. Jede der beiden Körperschaf-
ten hat das sog Recht der Initiative; die
letztere kann in beiden nur von einem An-
trage eines Mitglieds der betreffenden
Körperschaft ausgehen. Im Bundesrat
ist jedes Bundesglied dazu befugt, R 7
Abs 2; im Reichstag muß der Antrag
nach der Geschäftsordnung von min-
destens 15 Abgeordneten unterzeichnet
sein. Geht der Vorschlag vom Bundesrat
aus, so wird die Vorlage „nach Maßgabe
der Beschlüsse des Bundesrats“ im Namen
des Kaisers an den Reichstag gebracht,
R 16. Der Reichskanzler bedarf also dazu
einer Ermächtigung des Kaisers; der Kai-
ser aber ist verpflichtet, dieselbe zu ertei-
len. Wenn der Reichstag den Gesetzes-
vorschlag aufstellt oder über einen vom
Bundesrat ausgegangenen Beschluß ge-
faßt hat, so wird derselbe vom Präsiden-
ten des Reichstags dem Reichskanzler
übersendet und von diesem dem Bundes-
rat in dessen nächster Sitzung vorgelegt.
b. Die Sanktion erfolgt durch einen Be-
schluß des Bundesrates. Da die Gesamt-
heit der deutschen Staaten, als ideelle
Einheit gedacht, der Träger der souverä-
nen Reichsgewalt ist, so kann nur von ihr
der eigentliche Gesetzgebungsakt, die
Sanktion der Reichsgze ausgehen; der
Wille der Einzelstaaten wird aber zu
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einem Gesamtwillen durch einen Beschluß
des Bundesrats verbunden. Wenn ein
vom Bundesrat ausgehender Gesetzesvor-
schlag vom Reichstag unverändert ange-
nommen wird und aus dem Reichstage an
den Bundesrat zurückgelangt, muß der
Bundesrat einen zweiten Beschluß fassen,
welcher darauf gerichtet ist, den Gesetz-
entwurf dem Kaiser zur Ausfertigung und
Verkündigung zu unterbreiten; dieser Be-
schluß enthält die Sanktion des Gzes. Die
der preußischen nachgebildete Eingangs-
formel der Reichsgze gibt dem Vorgange,
durch welchen ein Reichsgz zustande
kommt, keinen völlig getreuen Aus-
druck.
c. Die Ausfertigung der Reichsgze ist
durch R 17 dem Kaiser übertragen und
zur Pflicht gemacht. Beschlüsse des Bun-
desrats treten als solche nicht nach außen
in die Erscheinung; der Bundesrat be-
schließt nur, daß das Gz im Namen des
Reichs erlassen werden soll. In der Ein-
gangsformel des Gzes wird bekundet, daß
das Gz die Zustimmung des Bundesrats
und des Reichstags erhalten hat; sie setzt
demnach eine Prüfung des Weges, den
das Gesetzgebungswerk zurückgelegt hat,
voraus. Wenn diese Prüfung zu dem Er-
gebnis führt, daß die verfassungsmäßigen
Erfordernisse nicht gegeben sind, so hat
der Kaiser das Recht und die Pflicht, die
Ausfertigung zu versagen, bis der Mangel
gehoben ist; erkennt der Kaiser an, daß
das Gz den Vorschriften der R gemäß zu-
stande gekommen ist, so ist die Ausfer-
tigung seine verfassungsmäßige Pflicht.
Die Verantwortlichkeit des Reichs-
kanzlers bezieht sich auf diese Prüfung
des verfassungsmäßigen Zustandekom-
mens des Gzes; andererseits ist sie durch
die kaiserliche Bekundung der richter-
lichen Entscheidung entzogen.
d. Die Verkündigung der Reichsgze ist
ebenfalls durch R 17 dem Kaiser übertra-
gen. Der Kaiserl Befehl zur Verkündi-
gung ist an den Reichskanzler gerichtet
und kann mit der Ausfertigung zusam-
menfallen. Die Verkündigung erfolgt
durch Abdruck im Reichsgesetzblatt, R 2,
welches im Bureau des Reichskanzlers
herausgegeben wird. Für den Inhalt des
RGBI trägt der Reichskanzler die Verant-
wortlichkeit für die Richtigkeit und Voll-
ständigkeit der Gesetzestexte, welche da-
durch den Charakter der Authentizität er-
halten. Ohne die Verkündigung im