Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Krankheiten auf, so z. B. nach Typhus, 
Rose, Rheumatismus, Tuberkulose; des- 
gleichen nach starken Blutverlusten, 
langen Nachtwachen, schweren und langen 
körperlichen Anstrengungen; auch im 
Wochenbett zeigt sie sich in der Form des 
„halluzinatorischen Irreseins der Wöch, 
nerinnen‘“ (Fürstner). Sie setzt rasch ein; 
die Kranken sind ratlos, wie Träumende 
fassen sie ihre Umgebung nicht klar auf, 
können sich nicht orientieren, verstehen 
die an sie gerichteten Fragen nicht, re- 
agieren schwer; massenhaft treten Sinnes- 
täuschungen auf, Personenverkennung, 
Wahnideen, die aber nicht systematisiert 
werden, wie dies bei der Paranoia ge- 
schieht, Gehörshalluzinationen, Bewe- 
gungsdrang, Ideenflucht, d. h. eine Stö- 
rung des Vorstellungslebens, bei welcher 
der Kranke nicht fähig ist, einen Gedanken 
festzuhalten, sondern sogleich von einem 
anderen ergriffen wird, so daß jeder Ge- 
genstand, den er sieht, zum Anknüpfungs- 
punkt von Erörterungen wird, die aber so- 
gleich wieder unterbrochen werden, weil 
in dem Kranken bereits ein zweites oder 
drittes Objekt neue Gedankenreihen aus- 
gelöst haben. Ja, die Gedanken können 
sich derart überstürzen, daß nur noch eins 
zelne Worte ausgesprochen werden und 
es sogar zur „Verbigeration‘‘, d. i. einer 
‚andauernden Wiederholung dieser einzel- 
nen Worte, kommt. Die sprachlichen Äu- 
Berungen sind 'daher unzusammenhän- 
gend; ferner ist Zerstörungstrieb vorhan- 
den, Schlaflosigkeit und Ruhelosigkeit 
vervollkommnen das Bild. Die Krankheit 
ist mit Steigerungen und Nachlässen 
wechselnd und führt meist nach 2—8 Mo- 
naten zur Genesung. Forensisch wichtig 
wird sie deswegen, weil vor Erkennung 
bzw. zu Beginn der Krankheit Testamente 
oder ähnliche Handlungen vorgenommen 
werden können, die später der Nichtigkeit 
unterliegen. Weiterhin können Gewalt- 
tätigkeiten, die Wöchnerinnen gegen die 
Kinder verüben, gleichfalls unter dem Ein- 
fluß der akuten Verwirrtheit begangen 
werden. Neben der halluzinatorischen 
Verwirrtheit sind noch als Formen der 
Amentia der Stupor oder die akute De- 
mentia und der akute Wahnsinn hervor- 
zuheben; bei der akuten Demenz über- 
wiegt der Ausfall der Assoziationen, bei 
dem akuten Wahnsinn sind die Sinnes- 
täuschungen weniger vorherrschend, das 
  
Amentia — ÄAmortisationsgesetze. 
vorstellungen sind mehr geordnet, aber 
keineswegs logisch verknüpft bzw syste- 
matisiert; vor allem bemerkt man in dem 
Bilde des akuten Wahnsinns einen ängst- 
lichen Affekt, der auch die Kritik der 
krankhaften Wahrnehmungen und Deu- 
tungen unmöglich macht. Cohn. 
Ammirato, Scipione, * 27. Sept 1531 
zu Lecce, erhielt 1570 den Auftrag, die 
Geschichte der Stadt und des Staates Flo- 
renz zu schreiben. Er f 30. Jan 1601. 
Von seinem Hauptwerke, den ‚Istorie fio- 
rentini‘‘, erschien der erste Teil Florenz 1600, 
sodann das ganze Werk in Neubearbeitun 
durch seinen Adoptivsohn Cristoforo de 
Bianco (sc Ammirato il giovanne) Florenz 
647, 1, 1641, 2; seine kleineren Schriften 
unter denen die Discorsi sopre Cornelio Ta- 
cito) wurden gesammelt als Opuscoli, Flo- 
renz 1637—42, 3. Bogeng. 
Amnesie ist Erinnerungsverlust; er 
besteht öfters nur für eine bestimmte Zeit- 
periode, z. B. die einer schweren Erkran- 
kung, eines epileptischen Anfalls, einer 
Hypnose, einer hysterischen Attaque. 
Bei Gehirnerkrankungen, die eine be- 
stimmte Stelle in diesem Organ zerstören, 
tritt eine besondere Form der Amnesie 
ein, die sogen amnestische Aphasie: der 
: Kranke hat die Zugehörigkeit des Gegen- 
standsbegriffes zum Wortbilde vergessen, 
d. h. er erkennt den Gegenstand, ge- 
braucht ihn richtig, kann ihn aber nicht 
benennen. Sachs. 
Amor lesbicus oder Tribadie ist eine 
geschlechtliche Verirrung beim Weibe, die 
dieses zu seiner Geschlechtsgenossin in 
ähnlicher Art hinzieht, wie die Päderastie 
den Mann zum Manne. Es kommt hierbei 
zu wollüstigen, an Beischlaf erinnernden 
Umarmungen beider Partnerinnen. In 
Weibergefängnissen, Pensionaten, Erzie- 
hungsheimen ist Tribadie beobachtet 
worden. Gesundheitsschädigungen ju- 
gendlicher Individuen können sich dabei 
ebenso ereignen wie bei der Päderastie. 
Bisweilen kann eine Ehe durch das Ein- 
dringen einer Tribade geschädigt wer- 
den. Eine Spur ihrer Ausübung hinterläßt 
Tribadie nicht, weswegen sich der Ge- 
richtsarzt im vorkommenden Falle im all- 
gemeinen wohl für inkompetent erklären 
müßte. Cohn. 
Amortisationsgesetze, im ursprüng- 
lichen (staatskirchenrechtlichen) Sinne 
diejenigen Gesetze, die die Vermögens- 
und die Erwerbsfähigkeit der Kirchen- 
Bewußtsein ist hier auch klarer, dieWahn- | gesellschaften und kirchlichen Anstalten
	        
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