Amortisationsgesetze. 61
einschränken. Im Systeme des kanoni-
schen Rechtes für das kirchliche Ver-
mögen begründete Erwerbsprivilegien
einerseits, Veräußerungsverbote (oder
auch nur solche der dinglichen Belastung)
andrerseits wurden insbesondere dadurch
Hemmungen der Entwickelung des rechts-
wirtschaftlichen Verkehrslebens, daß der
(wie von einer manus mortua) in starrer
Verklammerung gehaltene kirchliche La-
tifundienbesitz, die kleineren territorialen
Wirtschaftseinheiten vernichtend, stetig
anwuchs. („Kirchengut zehrt weiter‘;
„Kirchengut hat Adlerfedern‘‘, weil an-
geblich solche, anderen Federn beige-
mengt, diese zerreiben.) So konnte man
eine jede Bereicherung des rechtlich iso-
lierten kirchlichen Vermögens als eine
Ertötung im wirtschaftlichen Verkehre
lebenskräftiger Werte bezeichnen (admor-
tizatio), die durch eine besondere Gesetz-
gebung (leges de non admortizando) die
staatliche Macht in ihrem Kampfe mit der
kirchlichen um die Vorherrschaft zu ver-
hindern suchen mußte. Allerdings ist
diese Ursache der Amortisationsgesetz-
gebung im eigentlichen Sinne, wie Kahl
zeigt, nicht ihr eigentlicher Ausgangs-
punkt: die rudimentären Amortisationsge-
setze der Volksrechte und fränkischer Ge-
setze des 9. und 10. Jahrhunderts er-
scheinen als privatrechtliche Schutzmaß-
regeln für den einzelnen und seine Fami-
lie gegen die Übergewalt des Kirchen-
gutes, die Amortisationsprivilegien, wie
sie später insbesondere Städten und welt-
lichen Korporationen vom Kaiser oder
von den Landesherren eingeräumt wur-
den, sollten diesen wirtschaftliche Vor-
teile gewähren. Aber die Entwickelung
derjenigen Amortisationsgesetzgebung,
aus der das moderne Amortisationsrecht
hervorgegangen ist, nimmt ihren eigent-
lichen Anfang als eine charakteristische
Begleiterscheinung der Kämpfe um die
moderne Staatsidee gegen jene eines all-
gemeinen (katholischen) Kirchenstaats-
tums, wie sie sich in dem theoretischen
Streit um das staatliche Amortisations-
recht, der besonders heftig im 17. und
18. Jahrhundert geführt wurde, widerspie-
geln, wie sie in den plötzlichen Säkulari-
sationen deutlich werden, die um das Jahr
1800 in den Staaten erfolgten, die
frühere Gelegenheiten zu einer weniger
gewaltsamen Grenzregulierung zwischen
Staats- und Kirchenrecht versäumt hatten.
Im modernen Rechtsstaate genießt das
meist als Eigentum einer besonderen juri-
stischen Person erscheinende (Instituten-
theorie), nicht mehr der ganzen Kirche
ausschließlich zukommende (Gesamt-
kirchentheorie) kirchliche Vermögen den-
selben privatrechtlichen Schutz wie das
Vermögen anderer Privatrechtssubjekte,
insbesondere anderer Korporationen wie
überhaupt juristischer Personen. Und
wenn eine moderne Privatrechtsordnung
im Rahmen ihrer Bestimmungen über die
grundsätzliche Freiheit des rechtswirt-
schaftlichen Verkehres innerhalb der all-
gemeinen rechtlichen Schranken bestimm-
ten Rechtssubjekten durch besondere Vor-
schriften besondere Regeln für diesen
Verkehr gibt, so wird der rechtspolitische
Grund dieser Regeln fast immer in der
besonderen Natur dieser Rechtssubjekte
zu finden sein: die Rechtsordnung darf
nicht die Entstehung ihr Bestehen bedro-
hender wirtschaftlicher Übergewalten
möglich machen. Will sie nicht, wogegen
viele gewichtige Gründe sprechen, für die
wirtschaftlichen Giganten, als welche viele
juristische Personen sich zeigen, ein abso-
lutes Erwerbsverbot begründen, indem
sie ein für allemal das Höchstmaß des
Vermögens einer bestimmten Art von ju-
ristischen Personen feststellt, so wird sie
ein System wählen, das die Möglichkeit
einer „fortwährenden Grenzregulierung‘“‘
des Vermögens juristischer Personen
durch den Staat gibt und damit dessen
Aufsichtsrecht über seine Rechtssubjekte
nicht einschränkt, zugleich aber auch
keine Minderung der Rechts- und Ge-
schäftsfähigkeit einzelner Rechtssubjekte
herbeiführt. Gegenüber den früheren
Veräußerungsverboten des kanonischen
Rechtes und den landesgesetzlichen Ge-
genmaßregeln sind die modernen Er-
werbsbeschränkungen und -verbote ver-
allgemeinert für juristische Personen. Die
hauptsächliche Form solcher Beschrän-
kungen im geltenden deutschen Rechte
ist diejenige, welche die Rechtsgültigkeit
eines bestimmten jeweiligen Erwerbes
juristischer Personen von staatlicher Ge-
nehmigung abhängig macht und damit
die Erwerbsfähigkeit juristischer Perso-
nen hinsichtlich mancher Vermögens-
rechte mindert. Derartige Erwerbsbe-
schränkungen sind nach dem rechtlichen
Charakter der einzelnen juristischen Per-
sonen von verschiedener Tragweite: wäh-