Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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stattfinden; diese Eigenschaft erfordert 
wie das Ganze so der Teil; wenn ein Bau- 
unternehmer an einem anderen Orte, etwa 
unter Errichtung eines Baubureaus, einen 
oder auch mehrere einzelne Bauten aus- 
führen läßt ohne die Absicht, dauernd an 
dem Orte weiter zu bauen; wenn ein Was- 
serfahrzeug ausnahmsweise einmal von 
einer Landestelle Personen oder Güter 
annimmt oder auslädt, so ist an dem Orte 
keine steuerpflichtige Betriebstätte gege- 
ben. Eine solche muß auch eine feste ört- 
liche Umgrenzung aufweisen; die Straße, 
der Flußlauf, wo Güter befördert werden, 
ist nicht Betriebstätte. Daß sie im Eigen- 
tum oder Mietbesitze des Unternehmers 
steht, ist nicht erforderlich: Anlegestelle 
eines Wasserfahrzeugs, Bahnverlade- 
stelle; der Leiter der auswärtigen Ver- 
kaufsstätte kann die Räumlichkeiten für 
sich gemietet haben. Soweit die Person in 
Betracht kommt, die den auswärtigen Un- 
ternehmer vertritt, so ist für diesen eine 
Betriebstätte nur da vorhanden, wo ein 
Angestellter, Beamter seinen Sitz hat, je- 
mand, der zu jenem in einem dienstlichen 
Abhängigkeitsverhältnis steht; das kann 
auch eine Gesellschaft sein. Wer aber in 
der Vertretung nur sein eigenes Gewerbe 
betreibt, leitet keine Betriebstätte des Un- 
ternehmers: Gegensatz zwischen General- 
und Spezialagenten. Übrigens deckt sich 
der Begriff Betriebsstätte nicht immer mit 
Betriebsort; nur letzteres sind z. B. die 
Gemeinden, durch die bloß eine Röhren- 
leitung für Gas, Wasser usw gelegt ist; 
solche, in denen sich Arbeiterwohnhäuser 
befinden. 
Rücksichtlich der Person des Unter- 
nehmers sind von der Gewerbesteuer 
befreit: das Reich sowie Gemeinden und 
Verbände wegen gewisser Betriebe, die 
gemeinnützige Zwecke verfolgen, Spar- 
kassen, Schlachthöfe usw, $ 3; hinsicht- 
lich des Gegenstandes sind befreit, & 4: 
die Land- und Forstwirtschaft usw; 
selbst eine Verarbeitung der eigenen Er- 
zeugnisse im Bereiche des Erwerbszwei- 
ges macht den Betrieb nicht steuerpflich- 
tig: Betrieb einer Brettschneidemühle, 
Verarbeitung von Zichorie mittels Darre; 
dagegen sind Ziegelei, Stärke- und 
Zuckerfabrik steuerpflichtig. Von den Be- 
freiungen des $ 4 sind seit Außerhebung- 
setzung der Steuer für den Staat fortge- 
fallen: die landwirtschaftlichen Brenne- 
reien, der Bergbau, die Ausbeutung von 
  
Gewerbesteuer in Preußen. 
Torfstichen, Sand- usw Gruben, Stein- 
usw Brüchen (ebenso sind die Betriebe 
des Staats, ausgenommen die Eisenbah- 
nen und der der Reichsbank, nicht mehr 
gewerbesteuerfrei). Steuerpflichtig ist 
auch der Gartenbau, wenn er zur Kunst- 
und Handelsgärtnerei wird, wenn also 
einmal technische Einrichtungen und 
künstliche Methoden die Zucht be- 
herrschen, zum andern der Vertrieb sich 
in kaufmännischen Formen bewegt. Von 
den weiteren Befreiungen ist namentlich 
die Steuerfreiheit der Kunstausübung und 
der wissenschaftlichen Betätigung ein- 
schließlich Unterricht und Erziehung her- 
vorzuheben. Darunter fällt die Baukunst, 
insofern sie Kunstwerke schafft, die Tätig- 
keit des Arztes, auch dessen, der eine 
Krankenanstalt hält, sofern er das nicht in 
der Hauptsache des Erwerbes wegen tut, 
sondern zu wissenschaftlichen Unter- 
suchungen usw. Das Halten von Schüler- 
pensionären durch einen Lehrer ist in der 
Regel steuerfrei, insofern ihm die Kinder 
übergeben werden behufs einer erziehe- 
rischen Tätigkeit, Überwachung der Ar- 
beiten usw. Daß der Beruf als Volks- 
anwalt, Auktionator, vereidigter Bücher: 
revisor steuerpflichtig ist, soweit die Per- 
sonen nicht in gerichtlichem Auftrage tätig 
werden, ist selbstverständlich. 
Vereidigung, Reglementierung, Über- 
wachung sind nicht geeignet, einen Beruf 
von der Steuer auszunehmen: Makler, 
Lotsen, Schornsteinfeger, Posthalter. 
Nicht der Umstand entscheidet, daß je- 
mand zu seiner Tätigkeit wissenschaft- 
licher Kenntnisse bedarf; steuerfrei ist 
immer nur die Ausübung der Wissen- 
schaft, der Kunst, z. B. auch der Musik. 
Wer entweder selbst nicht künstlerische 
Leistungen bietet — Tanzmusik — oder 
wer des Erwerbes wegen fremde Kunst 
verwertet, Konzert- und Schauspielunter- 
nehmer, unterliegt der Steuer ; dagegen ist 
es ohne Belang, daß die Künstler unter- 
geordnete Hilfskräfte verwenden. 
Die Person des Unternehmers ist bei 
dieser Steuer als einer Objektsteuer 
ohne Belang; wie die Einzelperson so ist 
jede ein Gewerbe betreibende Mehrheit 
von Personen steuerpflichtig, von dem lo- 
sesten Bande bis zur straffsten Organisa- 
tion in der (öffentlichen) Körperschaft, 
88 18, 19. Jedoch gewerbetreibende Ver- 
eine, die nur die eigenen Bedürfnisse ihrer 
Mitglieder an Geld, Lebensmitteln und an-
	        
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