Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Gewerbebetrieb gezeichnet ist, ist uner- 
heblich. 
Aus dem Begriff des Hg ergibt sich, daß 
dasselbe entweder auf seiten beider 
Kontrahenten oder nur hinsichtlich 
eines derselben ein Hg ist, und man 
unterscheidet demgemäß zweiseitige und 
einseitige Hg. Wenn einer der Kontrahen- 
ten ein Nichtkaufmann ist, so ist das Ge- 
schäft notwendig ein einseitiges Hg, aber 
auch wenn beide Kontrahenten Kaufleute 
sind, kann es ein einseitiges Hg sein, 
wenn einer von ihnen das Geschäft nicht 
in seinem Gewerbebetriebe geschlossen 
hat. Im allgemeinen gilt nun der Grund- 
satz, daß, wenn das Rechtsgeschäft auch 
nur für einen der beiden Teile ein Han- 
delsgeschäft ist, die Vorschriften über Hg 
für beide Teile gleichmäßig zur Anwen- 
dung kommen, H 345. Es gibt jedoch ein- 
zelne Rechtsregeln, welche bei einseitigen 
Hg nur für denjenigen gelten, auf dessen 
Seite das Geschäft ein Hg ist; nämlich 
8 347 Abs 1 (Sorgfalt), 348 (Vertrags- 
strafe), 349 (Bürgschaft), 350 (Formvor- 
schriften), 354 (Provision); und es gibt 
einige andere Rechtsvorschriften, deren 
Anwendung auf beiderseitige Hg be- 
schränkt ist, nämlich 8 352 (Höhe der 
Zinsen), 353 (Zinsen ohne Verabredung), 
368 (kaufmännisches Pfandrecht), 369 
(kaufmännisches Retentionsrecht), 377 
(Dispositionsstellung), 379 (Aufbewah- 
rung). 
Die Hg können noch nach einem andern 
Gesichtspunkt eingeteilt werden. Sie bil- 
den entweder den eigentlichen Gegen- 
stand des Gewerbes und sind deshalb 
Grund- oder Hauptgeschäfte, oder sie sind 
Nebengeschäfte, z. B. die Miete eines Ge- 
schäftslokals, die Anschaffung einer La- 
deneinrichtung, von Schreibmaterial, Ver- 
packungsmaterial usw, Engagement von 
Handlungsgehilfen, Kreditgeschäfte usw. 
Kein Handelsgewerbe ist denkbar ohne 
zahlreiche Nebengeschäfte. In der recht- 
lichen Behandlung der Hg macht es aber 
keinen Unterschied, ob sie Haupt- oder 
Nebengeschäfte sind, H 343 Abs 2. 
Nebengeschäfte können aber auch an- 
dere als die im $ 1 aufgeführten Ge- 
schäfte sein, wofern sie nur zum Betriebe 
des Handelsgewerbes gehören. Laband. 
Handelsgewerbe. Nach der Kodifi- 
kation, welche das Handelsrecht in dem 
H vom 10. Mai 1897 erhalten hat, ist im 
Gegensatz zu dem alten H das Handels- 
  
Handelsgeschäfte — Handelsgewerbe. 
recht das Privatgewerberecht der Kauf- 
leute geworden. Der Begriff des H(an- 
delsge)w(erbes) ist dadurch der Kern- 
punkt des Handelsrechts geworden; nach 
ihm bestimmt sich der Begriff des Han- 
deisgeschäfts, des Kaufmanns und die Ab- 
grenzung des Geltungsbereichs des Han- 
delsrechts gegenüber dem allgemeinen 
bürgerlichen Recht. Das H setzt ebenso 
wie die Gw und andere Reichsgesetze den 
Begriff des Gewerbes voraus und gibt 
keine Definition desselben. Das Ge- 
werbe bildet den Gegensatz zu Geschäf- 
ten, welche isoliert, zufällig, ohne inneren 
Zusammenhang, wenn auch häufig abge- 
schlossen werden, wie z. B. die Anschaf- 
fung von Nahrungsmitteln für den Haus- 
halt. Es bildet eine auf Erwerb ge- 
richtete Tätigkeit, bei welcher alle ein- 
zelnen dazu gehörenden Geschäfte und 
Rechtshandlungen zu einer Einheit, einer 
universitas negotiorum (negotiatio) zu- 
sammengeschlossen werden, so daß unter 
ihnen eine Wechselbeziehung stattfindet. 
Da das Gewerbe ferner auf Erwerb ge- 
richtet ist, so steht es andererseits im 
Gegensatz zu Wohltätigkeitseinrichtungen 
und allen Unternehmungen, welche in der 
Art betrieben werden, daß sie nicht zu 
Gewinn oder Verlust an Vermögen führen 
können oder sollen. Der Begriff des Ge- 
werbes reicht weit über den Kreis des 
Hw’s hinaus; es sind nur gewisse Ge- 
werbe, welche das Gesetz zu Hw erklärt 
und der Anwendung des H unterstellt. 
Diese Abgrenzung ist aber keine einfache 
und keine festbestimmte; das H unter- 
scheidet vielmehr drei Arten von Hw. 
I. Die erste Kategorie bilden diejenigen 
Gewerbe, welche ohne jede andere Vor- 
aussetzung als die Art der Geschäfte, 
welche sie zum Gegenstande haben, als 
Hw gelten. Sie sind in H 1 unter 9 Num- 
mern aufgezählt. 
Es sind folgende: 
1. „Die Anschaffung und Weiterver- 
äußerung von beweglichen Sachen (Wa- 
ren) oder Wertpapieren ohne Unterschied, 
ob die Waren unverändert oder nach einer 
Bearbeitung oder Verarbeitung weiter 
veräußert werden.‘ Dies ist das ur- 
sprünglichste und wichtigste Hw, der 
Handel im engsten Sinne des Wortes, das 
Geschäft des „Handelsmanns‘, welcher 
sich mit dem Umsatz und Vertrieb von 
beweglichen Sachen befaßt. Es gehören 
dahin aber auch die Betriebe aller Fa-
	        
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