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angängig ist, nehmen. Der Rechtsanwalt,
der als Verteidiger tätig ist, hat aus dem-
selben Grunde eine vom Gericht zu ver-
hängende Ordnungsstrafe bis zu 100 M
zu gewärtigen. Gegen die Festsetzung
von Ordnungsstrafen steht binnen einer
Frist von einer Woche nach der Bekannt-
machung der Entscheidung die Rechtsbe-
schwerde an das dem verletzten Gericht
übergeordnete Oberkriegsgericht, die nur
im Falle der Bestrafung eines Rechtsan-
walts aufschiebende Wirkung hat, offen.
Verletzt die Ungebühr zudem ein Strafge-
setz, so ist, wie bei jeder strafbaren Hand-
lung, die in der Sitzung begangen wird,
der Tatbestand im Sitzungsprotokoll fest-
zustellen und der zuständigen Behörde
Mitteilung zu machen, auch kann in geeig-
neten Fällen der Täter vorläufig festge-
nommen werden, MC 290, 291.
Die Verhandlungsführung begreift die
Vernehmung des Angeklagten und die Be-
weisaufnahme. Während der Angeklagte
nur durch den Verhandlungsführer (ge-
legentlich aus Zweckmäßigkeitsgründen
durch einen Sachverständigen) zu befra-
gen ist, RMG 1 22, steht es jedem Mit-
gliede des Gerichts, dem Vertreter der An-
klage und dem Angeklagten zu, Fragen
an Zeugen und Sachverständige zu rich-
ten. Der Verteidiger kann die Fragen nur
durch den Verhandlungsführer stellen, der
befugt ist, ungeeignete oder nicht zur
Sache gehörige Fragen zurückzuweisen.
Bei Zweifeln über die Zulässigkeit ent-
scheidet das Gericht, MC 292, 293.
Die Hv beginnt mit dem Aufrufe des
Angeklagten, des Verteidigers, der Zeu-
gen und Sachverständigen, beim Reichs-
militärgericht mit dem Vortrage des Be-
richterstatters, MC 294, 391, 409 Abs 1.
Hierauf verliest in der Hv vor den
Stand-, Kriegs- und Oberkriegsgerichten
der Vorsitzende die Namen der Richter
und macht den Angeklagten auf das Ab-
lehnungsrecht wegen Besorgnis der Be-
fangenheit, MC 125 Abs 1, aufmerksam.
Es schließt sich die Beeidigung der nicht-
ständigen Richter — beim Kriegsgericht
also aller Offizierrichter, beim Stand- und
Oberkriegsgericht der für den einzelnen
Fall in Behinderung des ständigen Rich-
ters bzw seines Stellvertreters berufenen
Offiziere, MC 43 Abs 2, 68 Abs 2 — durch
den Verhandlungsführer, bei den Stand-
gerichten durch den Vorsitzenden an.
Stehen an demselben Tage mehrere
Hauptverhandlung nach der MC.
Sachen an, zu denen dasselbe Richterper-
sonal berufen ist, so braucht die Beeidi-
gung nur in der ersten Hv vorgenommen
zu werden, in den späteren genügt der
Hinweis des Vorsitzenden auf den bereits
geleisteten Eid, MC 296. Dies alles voll-
zieht sich in Gegenwart der aufgerufenen
Personen. Dann läßt der Vorsitzende die
Zeugen abtreten, und es folgt die Ver-
handlung in der Sache selbst, die ihren
Anfang bei den Kriegs- und Standgerich-
ten mit der Vernehmung des Angeklagten
über seine persönlichen Verhältnisse, in
der Berufungnsinstanz, also in Kriegs-
und Oberkriegsgerichten, mit der Bericht-
erstattung über die Ergebnisse des bishe-
rigen Verfahrens — wobei das erstin-
stanzliche Urteil stets zu verlesen ist —
durch den Verhandlungsführer nimmt.
Vor dem Berufungsgericht schließt sich
jetzt die Vernehmung des Angeklagten,
im Verfahren erster Instanz die Verlesung
der Anklageverfügung durch den Vertre-
ter der Anklage und die weitere Verneh-
mung des Angeklagten an, die ihm Gele-
genheit zur Beseitigung der gegen ihn
vorliegenden Verdachtsgründe und zur
Geltendmachung der zu seinen Gunsten
sprechenden Tatsachen geben soll, MC
297, 391, 173. Der regelmäßige Verlauf
der Hv führt weiterhin zur Beweisauf-
nahme, die sich im kriegsgerichtlichen
Verfahren erster Instanz auf die sämt-
lichen gestellten und geladenen Zeugen
und Sachverständigen sowie auf die an-
deren herbeigeschafften Beweismittel zu
erstrecken hat, während in den Verhand-
lungen vor den Standgerichten und vor
den Kriegsgerichten zweiter Instanz das
Gericht den Umfang der Beweisaufnahme
bestimmt, ohne hierbei durch Anträge,
Verzichte oder frühere Beschlüsse gebun-
den zu sein, MC 299. Aber auch von dem
Kriegsgericht erster Instanz kann von der
Erhebung einzelner Beweise abgesehen
werden, wenn der Vertreter der Anklage
und der Angeklagte damit einverstanden
sind, und das Gericht kann die Erhebung
eines einzelnen Beweises ablehnen, falls
die zu beweisende Tatsache einstimmig
für unerheblich oder zugunsten des Ange-
klagten für erwiesen angesehen wird, MC
299. Die Beweisaufnahme besteht in der
Hauptsache in der Vernehmung von Zeu-
gen und Sachverständigen, in der Verle-
sung von Urkunden und anderer als Be-
weismittel dienender Schriftstücke (Straf-