Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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hatte er zwei Abhandlungen: On human 
nature und De corpore politico, niederge- 
schrieben, aber nicht veröffentlicht (zu- 
erst erschienen 1650, Teile der von Tön- 
nies 1888 herausgegebenen Schrift: The 
elements oflaw) ; in Paris entstanden dann 
seine Hauptwerke: Elementa philosophica 
de cive (zuerst Paris 1642 als Handschrift 
gedruckt, dann erweitert Amsterdam 1647 
u. ö.) und Leviathan or the matter, form 
and power of a commonwealth ecclesiasti- 
cal and civil (London 1551, lateinisch 1668 
in den von ihm selbst besorgten Opera 
philosophica, Amsterdam 1668, II, unvoll- 
ständiger in London nachgedruckt, mit ei- 
nem Anhang, Amsterdam 1670, London 
1676). Durch den Leviathan mit Prote- 
stanten und Katholiken verfeindet (mit 
dem Bischof Bramhall 1646 in einen Streit 
verwickelt, veröffentlichte H. in Ergän- 
zung des Leviathan Quaestiones de liber- 
tate, necessitate et casu, London 1656), 
kehrte er 1652 zum Grafen von Devonshire 
nach England zurück. Nach der Thron- 
besteigung seines Schülers Karls II. (1660) 
wurde H. durch eine jährliche Pension 
von 100 Pfund geehrt, mußte aber 1666 
seinen Leviathan Öffentlich vom Parla- 
ment verdammt sehen. Er zog sich 1674 
von London aufs Land zurück, schrieb 
eine (erst posthum veröffentlichte) Ge- 
schichte seiner Zeit: Behemot, or a history 
of the civil wars from 1640—60 und ver- 
teidigte sich gegen eine im Unterhause 
eingebrachte Bill, ihn als Atheisten zu be- 
strafen, durch die Historical narration con- 
cerning heresy and the punishment 
thereof. Von philosophischen Werken 
veröffentlichte und schrieb H. in den letz- 
ten Jahren seines Lebens: Human nature 
or the fundamental elements of policy, 
London 1650; De corpore politico or the 
elements of law moral and political, Lon- 
don 1650; Elementorum philosophiae sec- 
tio prima: de corpore, London 1655 (eng- 
lisch), sectio secunda: de homine, Lon- 
don 1658 (englisch, beide Werke latei- 
nisch in der Ausgabe der Opera von 1668, 
die sectio tertia ist die Schrift de cive). 
H T am 4. Dez 1679 auf Hardwicke, ei- 
nem Landsitze seines Schülers, des Gra- 
fen von Devonshire. 
Die Philosophie des H. (wie auch seine 
Staatstheorie), unabhängig von religiöser 
Autorität und feindlich gegen die Kirche, 
ist wie die Bacons eine materialistische, 
mechanistische Weltansicht, die konse- 
  
Hobbes. 
quent durchgeführte politische Anwen- 
dung des Baconischen Empirismus. Ge- 
genstand der Philosophie ist ihm jeder 
Körper, diese unterscheidet er in natür- 
liche und künstliche, unter letzteren be- 
zeichnet er den Staatskörper als den wich- 
tigsten. Demnach ist die Philosophie (de- 
ren Grundlegung in der philosophia prima 
hier nicht zu erörtern ist) entweder na- 
tural oder civil philosophy. 
In seiner civil philosophy hat H vom 
Standpunkte des Naturrechtes eine wis- 
senschaftliche Verteidigung der absoluten 
Staats- und Königsgewalt unternommen, 
in einer Art unternommen, daß man ihn 
nicht mit Unrecht als „revolutionären Ab- 
solutisten“ und als „radikalen Royali- 
sten‘‘ bezeichnen konnte. „Das König- 
tum, das er liebte, war nicht das histo- 
rische Feudalkönigtum, sondern ein 
neues, aus einheitlicher Konzentrierung 
aller Staatsmacht entstandenes.‘“ Er 
faßte das Königtum, allen mystischen 
Glanzes entkleidet, lediglich als eine rein 
menschliche Institution auf und nicht mit 
historischen Beispielen, sondern mit ab- 
strakten Begriffen einer mathematischen 
Logik versuchte er aus einem vermeint- 
lichen Naturgesetze Werden und Wesen 
des Staates zu erklären. „Er wollte nur 
von einer absoluten Gewalt wissen, der 
Staatsgewalt.‘‘ 
Die naturrechtlichen Untersuchungen 
H.s und der anderen englischen Natur- 
rechtslehrer des 17. Jahrhunderts standen 
im engsten Zusammenhange mit den po- 
litischen Interessen des Tages und blieben 
wohl daher zumeist auf das Gebiet der 
Staatswissenschaften beschränkt. Gerade 
bei H. „verschlingt der Leviathan-Staat 
das Interesse selbst an seinen eigenen 
Funktionen, soweit sie nicht öffentlich- 
rechtlich sind‘. Er hat (im Leviathan) 
eingehender nur das Strafrecht behandelt 
(Verbrechen als Verletzung des Staates, 
Abschreckungstheorie, „gelegentlich be- 
reits vollständig als psychologische 
Zwangstheorie ausgebildet‘). 
Der Staat erscheint H. als ein Kunst- 
werk, dessen Elemente die in ihm ver- 
bundenen Menschen sind. Diese aber sind 
keine schon durch Natur geselligen We- 
sen (keine wa nolırıxa), der Naturzustand 
der Menschen ist, bedingt durch die 
Selbstsucht der einzelnen Individuen, die 
von den ihnen in gleicher Weise darge- 
botenen Naturschätzen nach ihrer körper-
	        
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