Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Im Zweifel (BürgR): mangels beson- 
derer Bestimmung. 
Imbezillität s. Idiotie. 
Immaterialgüterrechte s. Persön- 
lichkeitsrechte. 
Immissionen. Man versteht darunter 
lästige Zuführungen, die durch Vermitte- 
lung von Luft oder Wasser von einem 
Grundstück auf ein anderes, selbst weit 
entferntes oder auf dort befindliche be- 
wegliche Sachen übertragen werden. 
Diese Zuführungen (von Gasen, Däm- 
pfen, Rauch, Ruß, Wärme, elektrischen 
Strömen, Geräusch, Erschütterungen, 
Funken, üblen Gerüchen und Ähnlichem) 
sind eine Folge der industriellen Ent- 
wickelung der neueren Zeit, und es ist 
eine Großtat des preuß Obertribunals, 
durch Plenarbeschluß vom 7. Juni 1852, 
Entsch 23 252, hier die richtigen Grund- 
sätze gefunden zu haben, die einerseits 
der Industrie den nötigen Spielraum lie- 
ßen, andererseits die anderen vor über- 
mäßigen Belästigungen schützen. Auf 
diesem Boden hat das Reichsgericht wei- 
ter gebaut. B 906 gibt lediglich das so ge- 
wordene Recht wieder. Das B sieht dies 
als eine Ausnahme von $ 903 an, wonach 
der Eigentümer an sich andere von jeder 
Einwirkung auf sein Eigentum ausschlie- 
Ben kann. $ 906 legt ihm daher die Ver- 
pflichtung auf, solche Zuführungen zu dul- 
den, welche die Benutzung seines Grund- 
stücks nicht oder nur unwesentlich beein- 
trächtigen, oder die durch eine nach Lage 
und örtlichen Verhältnissen nicht unge- 
wöhnliche Benutzung des anderen Grund- 
stückes herbeigeführt werden. Anderes 
muß man sich in einer Fabrikgegend, an- 
deres in einem Villenviertel gefallen las- 
sen, wobei der Zustand bei Klagezustel- 
lung maßgebend ist, JW 07 1720. Die 
Klage gegen andere, also ungewöhnliche, 
lästige Immissionen ist der Abwehran- 
spruch (s. d.) des Eigentümers, dinglich 
Berechtigten gegen den Störer, der also 
Verschulden nicht, aber drohende Wieder- 
holung voraussetzt und nur auf Unterlas- 
sung von weiteren Zuführungen geht. Die 
Unwesentlichkeit und Ortsüblichkeit hat 
der Beklagte zu beweisen. Da selbst die 
besten technischen Einrichtungen ver- 
sagen können, so schließt das Anbringen 
solcher die Klagberechtigung nicht aus, 
weiter nicht das höhere Alter der schädi- 
genden Anlage, RGZ 57 229. Ersatzan- 
sprüche setzen Verschulden voraus; Vor- 
  
Im Zweifel — Immissionen. 
aussehbarkeit schädigender Einflüsse, also 
Fahrlässigkeit wird aber meist ohne wei- 
teres anzunehmen sein. 
Bedürfen gewerbliche Anlagen einer 
obrigkeitlichen Genehmigung, so kann, 
soweit ihnen solche zur Seite steht, nicht 
auf Unterlassung von solchen Zuführun- 
gen geklagt werden, da dies eine Einstel- 
lung des Betriebes bedingen würde, son- 
dern nur allgemein auf Herstellung von 
Einrichtungen, welche benachteiligende 
Wirkungen ausschließen, Gw i16ff, 
26. Die Einzeldurchführung bleibt der 
Zwangsvollstreckung überlassen, wo 
der Gestörte die Einrichtung bezeich- 
nen soll, RGZ 60 120. Als Ersatz der 
mangelnden Unterlassungsklage gibt $ 26 
eine vom Nachweis des Verschuldens 
freie Klage auf Schadloshaltung, die aber 
nach der herrschenden, aus der Fassung 
des $ 26 hergeleiteten Auffassung erst an 
zweiter Stelle angestrengt werden kann, 
wenn solche Einrichtungen untunlich oder 
mit einem gehörigen Betriebe des Gewer- 
bes unvereinbar sind. Auch soll diese 
Klage nur die künftigen Schäden (seit 
Klageerhebung) umfassen und im übrigen 
auch hier Nachweis des Verschuldens nö- 
tig sein. Diese Auffassung wird neuer- 
dings lebhaft bekämpft und dieser Klage 
Selbständigkeit neben derjenigen auf An- 
bringung von Einrichtungen zugespro- 
chen. Letztere Ansicht verdient den Vor- 
zug, da sonst der sachunkundige Kläger 
erst die zu treffenden Einrichtungen nach- 
weisen müßte, ehe er Schadensersatz for- 
dern könnte. 
In Anlehnung an $ 26 gibt das Reichs- 
gericht eine vom Nachweis des Verschul- 
dens freie Klage auf Ersatz auch in an- 
deren Fällen, wo durch besondere Vor- 
schrift die Klage auf Unterlassung ausge- 
schlossen ist. 
Außer den unter Bürgerliches Gesetzbuch angeführten 
Kommentaren und Handausgaben, Lehr- und Handbüchern 
zu $ 906: W. Müller Deutsches Bau- und Nachbarrecht, 
03: Linckelmann Archf. bürgerl Recht 24 238; Hörle 
Verwaltungsarchiv 10 366; Ortioff Archf. bürgerl Recht 
26 327 ff; Rocholl Rechtafälle aus der Praxis des Reichs- 
gerichts 2 379 ff; Riehl bei (sruchot 51 142: C. Maen- 
ner Sachenrecht, 2. Aufl, 06, 161 ff, 239; Windscheld- 
Kipp, 9. Aufl, 06,198; Turnau-Förster Liegenschatft«- 
recht zuB906; Nieberding-Frank Wasserrecht und 
Wasreerpolizei in Preußen 48ff} Oertmann Bayerisches 
Zivilrecht 78 ff; Christian Meißner Das in Bayern gel- 
tende Nachbarrecht. Wegen der Bienen: Strauß DJZO8 
367; Friedrichs daselbst 04 688; Kuhlenbeck 
Recht 04,08. — Zu GwO 26 insbesondere die Kommentare 
zur GwO von Landmann, Marczinowaki, Neu- 
kamp, Rohrscheildt, Schenkel, Schicker; 
Hoffmann (Textausgabe)); Nelken Gewerberecht. N6, 
1 85 32 ff, insbesondere S. 396 ff; Jurisch Das Luftrecht, 
Berlin 05. — Zum letzten Absatz: Ocsterlin in Eger 
EE15 273, 16168; Werner il. Recht 08 330: Keyßner 
daselbst 04 612 ff, RuZ 53 134, 50 328, 60 7 u. 138. 
Grünebaum.
	        
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