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jedoch lediglich pönalen Charakter, denn
jetzt wurde noch eine dritte Klage der
Entscheidung des Geschworenen unter-
breitet, die bei den interdicta simplicia
einen besonderen Namen nicht hat, bei
den interdicta duplicia aber als iudicium
secutorium bezeichnet wird. Durch sie
wird der Beklagte zum Schadensersatz
verurteilt, falls er den mit seiner sponsio
durchgedrungenen Kläger nicht befrie-
digt. — Der Geschworene hat also allemal
über drei Klagen zu entscheiden und drei
Urteile zu fällen, zwei verurteilende und
ein freisprechendes, wenn der Beklagte im
Unrecht, ein verurteilendes und zwei frei-
sprechende, wenn er im Recht ist oder
doch wenigstens dem Befehl des Ge-
schworenen im iudicium secutorium nach-
gekommen ist.
Bei den interdicta duplicia nun, wo
beide Parteien zugleich Kläger und Be-
klagter sind, muß es demnach auch zu zwei
sponsiones und zwei restipulationes kom-
men. Da hierbei ferner beide Teile den
Besitz für sich in Anspruch nehmen, muß
auch diese Frage vorläufig geregelt wer-
den, und zwar so, daß der Besitz demje-
nigen einstweilen zugesprochen wird, der
in der sog fructuum licitatio sich dazu be-
reit erklärt hat, dem Gegner die größere
Summe zu zahlen für den Fall, daß er den
Prozeß verlieren sollte. — Alle diese Kla-
gen werden nun neben dem iudicium se-
cutorium, das nach seinem Erfinder, dem
Juristen Cascellius, auch iudicium Cascel-
lianum heißt, vor einen Geschworenen ge-
bracht.
Siegt nun der vorläufige Besitzer, so
verurteilt der Geschworene den anderen
in den Betrag seiner sponsio und resti-
pulatio. Verliert er jedoch, so wird er
nicht nur in seine sponsio und restipu-
latio, sondern auf Grund der licitatio fruc-
tuum auch auf diesen Betrag und, wenn
er nicht herausgibt, im iudicium Cascellia-
num auch auf Schadensersatz verurteilt. —
Gaius erwähnt hierbei noch eine mögliche
Variante. Man konnte nämlich auf eine
licitatio fructuum verzichten und Scha-
densersatz mit einem besonderen, von
dem Cascellianum aber verschiedenen, iu-
dicium secutorium verlangen, Über Ein-
zelheiten sind wir jedoch nicht näher un-
terrichtet. Vgl Gaius 4 $ 169; Ubbe-
lohdel.c.2163ff; Lenel Edikt 455 ff.
Weigert sich endlich eine Partei, nach
Erlaß des Interdikts bei den ferneren For-
Interdicta — Interesse.
malien mitzuwirken, so werden jetzt die
Zwangsmittel gegen den indefensus nicht
mehr zur Anwendung gebracht. Der Prä-
tor erläßt vielmehr auf Verlangen der Ge-
genpartei ein interdictum secundarium,
das den Widerstrebenden verpflichtet,
falls er im Besitz der Streitsache ist, sie
dem Gegner herauszugeben, andernfalls
ihn nicht im Besitze zu stören, und wahr-
scheinlich unterlag der Beklagte dabei,
wie der leider hier lückenhafte Gaius an-
zudeuten scheint, auch sogar dann, wenn
er mit dem interdictum uti possidetis ge-
siegt hätte. Vgl Gaius 4 8 170.
Insbesondere führt Gaius dies interdic-
tum secundarium auch als mögliche Folge
der Weigerung, sich bei der sog vis ex
conventu zu beteiligen, an. Es ist dies
ein Akt des Interdiktsprozesses, von dem
wir indessen sonst nichts Näheres erfah-
ren, und dessen ganze Natur daher noch
zweifelhaft ist. Vgl Saleilles NRH 92
245 ff; Chabrun ibid 085 ff.
Daß bei diesem etwas verwickelten Ver-
fahren es der Prozedur per formulam arbi-
trariam nicht gelungen ist, sich vollständig
durchzusetzen, muß daher etwas verwun-
derlich erscheinen,
Diese erheblich einfachere Abart ist
nämlich einmal aus einem nicht recht er-
sichtlichen Grunde nur statthaft bei exhi-
bitorischen und restitutorischen Interdik-
ten, während sie bei prohibitorischen In-
terdikten, z. B. die interdicta uti possidetis
und utrubi, verboten ist, und andererseits
muß dies Verfahren auch da, wo es er-
laubt ist, alsbald nach Erlaß des Interdikts
von dem Beklagten erbeten werden.
In diesem Falle stellt der Prätor eine
Formel aus, die den Geschworenen an-
weist, falls die Voraussetzungen des Inter-
dikts für den Kläger begründet seien, den
Beklagten zu verurteilen, sofern er nicht
seinem auf ein exhibere bzw restituere
gerichteten arbitratus nachgekommen ist.
Der Prozeß verlief dann im übrigen ge-
nau wie die anderen actiones arbitrariae.
Vbbelohde bei Glück Serie der Bücher 43 u.@4,
1889 ff; Karlowa Röm Rechtegesch 2 1001 fl; Per-
nice 'Z8St 17 (1896) 194 ff; Girard-v. Mayr System
1149 ff. Erdmann.
Interdikt (KR) s. Kirchenstrafen.
Interdikte, possessorische s. posses-
sio, interdicta.
Interesse. Dem Worte „Int(eresse)‘
kommt rechtlich eine mehrfache Bedeu-
tung zu, unbeschadet der letzten Einheit
des dabei zugrunde gelegten Gesichts-