Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Tatsache einen Ehescheidungsgrund bil- 
det, die nach ihrer alten lex patriae kein 
solcher Grund war, so ist die Klage auf 
Auflösung der Ehe unmöglich, wofern 
die sie begründenden Tatsachen nicht 
während der neuen Staatsangehörigkeit 
eingetreten sind, Art 4.) Bezüglich der 
für die Scheidung (bzw Trennung) zustän- 
digen Gerichte bleibt es grundsätzlich den 
Parteien überlassen, ob sie die Gerichts- 
barkeit des Heimatstaates oder die des 
Wohnsitzes (diese jedoch nur insoweit, als 
die des Heimatstaates es gestattet) an- 
rufen wollen. Behörden nach der lex 
domicilii sind zuständig, wenn nicht die 
Gerichte nach der lex patriae ausschlieB- 
lich zuständig sind oder wenn die Klage 
nach der lex patriae nicht erhoben werden 
kann, weil nach dieser in ihrem Geltungs- 
bereiche aus Gründen religiöser Natur, 
oder weil es sich um eine diplomatische 
Eheschließung handelte, eine Eheschlie- 
Bung nicht als gültig anerkannt wurde. 
(Ausnahmen: 1. Beiverschiedenem Wohn- 
sitz der Ehegatten nach der Gesetzgebung 
ihres Heimatstaates ist die Gerichtsbarkeit 
des Wohnsitzes des Beklagten zuständig. 
2. Im Falle der böslichen Verlassung oder 
im Falle einer Verlegung des Wohnsitzes 
nach dem Eintritt des Scheidungs- [oder 
Trennungs-]grundes kann die Klage auch 
vor der zuständigen Gerichtsbarkeit des 
letzten gemeinsamen Wohnsitzes erhoben 
werden, Art 5.) Das Abkommen sieht 
ferner die Anordnung vorläufiger (auf 
höchstens ein Jahr) Maßnahmen für die 
Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft 
durch die nach der lex domicilii zustän- 
digen Behörden vor, Art 6, und bestimmt 
für Ehegatten, die nicht dieselbe Staats- 
angehörigkeit haben, ihr letztes gemein- 
sames Üiesetz als lex patriae im Sinne des 
Abkommens, damit nicht ein Ehegatte 
durch einen nur in seiner Person erfolgten 
Wechsel der Staatsangehörigkeit den an- 
deren in eine rechtlich ungünstigere Lage 
bringen kann. Haben die Ehegatten über- 
haupt nicht eine gemeinsame Staatsange- 
hörigkeit oder in keinem Vertragsstaate 
eine gemeinsame Staatsangehörigkeit be- 
sessen, so kann das Abkommen mangels 
der von ihm erforderten lex patriae keine 
Anwendung finden, Art 8, Art 1. Ein Ehe- 
scheidungs-(Trennungs-)urteil ist im gan- 
zen Vertragsgebiete als gültig anzuer- 
kennen, wenn es in Übereinstimmung mit 
dem Abkommen von dem (nach Art 5) 
  
Internationales Privatrecht. 
zuständigen Gerichte gefällt wurde, vor- 
ausgesetzt, daß die Ladung des Beklagten 
gemäß den Bedingungen seiner lex pa- 
triae erfolgte, d. h. wofern ein Versäum- 
nisurteil ergangen ist, muß die Ladung des 
Beklagten denjenigen Vorschriften ent- 
sprechend erfolgt sein, die seine lex 
. patriae für die Anerkennung ausländischer 
Urteile fordert, Art 7. 
VI. Das Verhältnis von Eltern und Kin- 
dern ist im internen deutschen interna- 
tionalen Privatrecht in Einf-B 18—22 
für die Fälle, in denen der Vater 
(bzw die Mutter) deutsche Reichsangehö- 
rige sind, geregelt. Daß hier das Heimat- 
recht der Eltern (d. h. des Vaters) ent- 
scheidend sein muß, ist allgemein von der 
Theorie zugegeben worden: die lex 
patriae des Vaters wird die Alimentations- 
pflicht bestimmen, die Frage der ehelichen 
Geburt wie die Präsumtionen für oder 
gegen eine solche entscheiden und grund- 
sätzlich auch für die nachfolgende Legi- 
timation eines unehelichen Kindes (dessen 
Verhältnis zur Mutter sich nach deren 
lex patriae richtet) maßgebend sein, wobei 
für den Fall, daß das uneheliche Kind 
eines anderen Staates Angehöriger ist als 
sein Vater, Kumulation der lex patriae des 
Vaters wie der des Kindes erforderlich er- 
scheint. (Das interne deutsche interna- 
tionale Privatrecht bestimmt, in Wider- 
spruche mit der herrschenden Ansicht der 
Theorie, hierbei die Unwandelbarkeit des 
Güterrechts insofern, als das Rechtsver- 
hältnis eines dem Deutschen Reiche an- 
gehörenden Kindes zu den Eltern, welche 
früher Deutsche waren, immer nach den 
deutschen Gesetzen beurteilt werden soll. 
Mit Recht hat aber v. Bar wiederholt dar- 
auf hingewiesen, daß diese Bestimmung, 
sofern sie der Gesetzgebung widerstreitet, 
der der Vater [bzw die Mutter] nach der 
Aufgabe der deutschen Staatsangehörig- 
keit unterworfen sind, undurchführbar ist. 
Insbesondere „die Rechte des Vaters am 
Vermögen der seiner Gewalt unterworfe- 
nen Kinder müssen der richtigen Ansicht 
zufolge nach deren heimatlichem Gesetze 
beurteilt werden, und zwar nach dem Ge- 
setze derjenigen Staatsangehörigkeit, 
welche zur Zeit der fraglichen Erwerbung 
bestand,‘‘ und nur die an einzelnen Ver- 
mögensbestandteilen begründeten Rechte 
müssen fortbestehen. Das englische und 
amerikanische Recht beurteilt die Rechte 
des Vaters am unbeweglichen Vermögen
	        
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