Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Italien (Verfassung). 
noch heute nur als König von Sardinien, 
Cypern und Jerusalem aufgeführt, den 
Titel „König von Italien‘ hat man nicht 
in die V gesetzt, sondern durch besonde- 
res Ges vom 17. März 1861 verliehen. 
Die Einzelheiten dieser Verfassungs- 
geschichte und die einzige deutsche Über- 
setzung der gesamten V mit Kommentar 
und zugleich mit Verweisungen auf die 
Bestimmungen der toskanischen, neapoli- 
tanischen und zisalpinischen Verfassun- 
gen findet man in Posener Staatsver- 
fassungen des Erdballs, wo ich den Teil 
It bearbeitet habe. 
Von den Bestimmungen der V selbst 
sei hier folgendes hervorgehoben. It ist 
eine konstitutionelle Monarchie. Das 
monarchische Prinzip kommt darin zum 
Ausdruck, daß dem Könige die Exekutiv- 
gewalt allein zusteht; er wird als das 
Haupt des Staates angesehen, ist Ober- 
befehlshaber der Streitkräfte, er allein 
schließt Verträge und ist nur insofern bei 
ihrem Abschluß an die Mitwirkung der 
Kammern gebunden, als es sich um eine 
finanzielle Belastung oder Änderung des 
Staatsgebietes handelt, er hat die Beam- 
ten zu ernennen, Gesetze zu sanktionie- 
ren und das Begnadigungs- und Notver- 
ordnungsrecht. 
Das konstitutionelle Prinzip zeigt sich 
darin, daß die gesetzgebende Gewalt ge- 
meinsam vom Könige und zwei Kammern 
ausgeübt wird, daß die Minister verant- 
wortlich sind, daß der König bei Thron- 
besteigung auf die Verfassung schwört, 
und daß er auch beim Abschluß von Ver- 
trägen finanzieller Art und solchen, die 
das Staatsgebiet betreffen, an das Votum 
der Kammern gebunden ist. 
Diese Kammern sind der Senat und die 
Deputiertenkammer. Der Senat wird zu- 
sammengesetzt aus einer unbeschränkten 
Anzahl vom Könige auf Lebenszeit er- 
nannter Personen bestimmter Kategorien 
(21 in Art 33). Der Senat kann gleich- 
zeitig als höchster Gerichtshof in Hoch- 
und Landesverratsangelegenheiten und 
bei Anklagen der Deputiertenkammer 
gegen Minister richten. Die Mitglieder 
der Deputiertenkammer werden auf 
Grund des allgemeinen Wahlrechts in 
Wahlkollegien auf 5 Jahre gewählt, sie 
müssen Untertanen des Königs sein, das 
30. Lebensjahr vollendet haben und sich 
der bürgerlichen und politischen Rechte 
erfreuen, sie vertreten das gesamte Volk 
  
  
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und nicht ihre Wähler allein, an deren 
Mandat sie nicht gebunden sind. Sie 
erhalten ebensowenig wie die Senato- 
ren Belohnungen oder Entschädigungen. 
Das Vorschlagsrecht von Gesetzen steht 
dem Könige und jeder der beiden Kam- 
mern zu. Steuer- und Budgetgesetze müs- 
sen jedoch zuerst der Deputiertenkammer 
vorgelegt werden. Die Beschlüsse wer- 
den mit absoluter Stimmenmehrheit ge- 
faßt. Ein Gesetzentwurf kann, wenn er 
von einer der beiden Kammern abgelehnt 
ist, in derselben Session nicht nochmals 
vorgelegt werden. 
Die Minister sind verantwortlich, Ge- 
setze und Regierungshandlungen haben 
nur Gültigkeit, wenn sie mit der Unter- 
schrift eines Ministers versehen sind. 
Die Krone vererbt sich nach dem sali- 
schen Gesetz, der König wird mit vollen- 
detem 18. Lebensjahr großjährig, die Re- 
gentschaft wird durch den nächsten männ- 
lichen Agnaten ausgeübt, doch steht sie 
mangels eines solchen der Königin-Mutter 
zu. Sollte auch diese fehlen, so wird ein 
Regent durch die Kammern ernannt. Die 
Vormundschaft hat bis zum sechsten 
Lebensjahre des präsumtiven Thron- 
erben die Königin - Mutter, von diesem 
Zeitpunkt an der Regent. Die Höhe der 
Zivilliste wird bei der Thronbesteigung 
jedes Königs festgesetzt, die diesbezüg- 
lichen Bestimmungen des Art 19 konnten 
jedoch nicht eingehalten werden, auch für 
den Thronfolger und die Prinzen des 
königlichen Hauses ist eine Apanage vor- 
gesehen. Die eigentlichen Staatsdomä- 
nen gehören der Nation, dem Könige 
steht jedoch der Gebrauch alles Krongutes 
zu, daneben besteht ein königliches Pri- 
vatvermögen. In der V ist die persönliche 
Freiheit und die Gleichheit aller Bürger 
vor den Gesetzen und gegenüber der Zu- 
lassung zu den Staatsämtern ausge- 
sprochen worden. Daneben ist ihre 
Steuerpflicht hervorgehoben. Auch eine 
Mantelbestimmung für die später erlasse- 
nen Preßgesetze ist aufgenommen, und 
die Unverletzlichkeit des Eigentums so- 
wie die Garantierung der öffentlichen 
Schuld erwähnt. Endlich ist auch das 
Versammlungsrecht anerkannt. 
Die Gerichtsbarkeit geht vom Könige 
aus und wird durch von ihm eingesetzte 
Richter in seinem Namen ausgeübt. Im 
, Art 73 ist besonders bestimmt, daß die 
Auslegung der Gesetze mit Bindung für
	        
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