Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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dem Bundesrate ob, erwiesene, nach der 
Verfassung und den bestehenden Ge- 
setzen des betreffenden Einzelstaates zu 
beurteilende Beschwerden über verwei- 
gerte oder gehemmte Rechtspflege anzu- 
K 
K Abkürzung für Konkursordnung. 
Kabinett, schwarzes, s. cabinet noir. 
Kabinettsjustiz, Eingreifen des Herr- 
schers in die Rechtssprechung; s. Müller 
Arnoldscher Prozeß. 
Kadersystem s. Heer. 
Kaduzierung s. Zubuße (Bergrecht). 
Kaiser (DeutschRGesch) ist nicht ein 
unumschränkter Herrscher, sondern in 
vielen Punkten, namentlich bei der Ge- 
setzgebung, an die Zustimmung der 
Stände (s. Reichstag) gebunden. Das 
Reich war seit 1077 eine Wahlmonarchie 
(ohne Anerkennung eines Herkommens). 
I. Die Rechte des K sind Reservatrechte 
und Komitialrechte. 
1. Reservatrechte sind: a. iura reservata 
limitata, bei denen die Zustimmung der 
Kurfürsten erforderlich ist, z. B. Anlegung 
von Zöllen, Verleihung von Zoll- und 
Münzregal; — b. iura reservata_ illimi- 
tata, z. B. Vornahme von Standeserhöhun- 
gen und Erteilung von Universitätsprivile- 
gien. 
Man unterscheidet ferner: a. iura reser- 
vata communia (cumulativa), die dem Kai- 
ser ebenso wie den Landesherren zuste- 
hen, z. B. Verleihung der venia aetatis, des 
Notariats, Legitimation unehelicher Kin- 
der; — b. iura reservata exclusiva, die 
dem Kaiser zustehen, z. B. Standes- 
erhöhungen. 
2. Komitialrechte sind solche Befugnisse 
des Kaisers, bei deren Ausübung der 
Reichstag mitwirken muß, z. B. Gesetz- 
gebung, Kriegserklärung, Friedensschluß, 
Bündnisse, Auferlegung von Steuern, Ver- 
äußerung und Verpfändung von Reichsgut. 
II. Die Regierung wird beendet: durch 
Tod, Absetzung, Abdankung. Der Pfalz- 
graf bei Rhein richtet den anwesenden 
König auf einem Reichstage; ein Kon- 
tumazialverfahren ist nicht zulässig. 
III. Bei Behinderung des Kaisers ist 
der römische König Reichsverweser; ist 
kein römischer König da, so fungieren 
Reichsvikare, und zwar der Pfalzgraf bei 
Rhein in partibus Rheni et Sueviae et in 
  
Justizverwaltung — Kaiser. 
nehmen und darauf die gerichtliche Hilfe 
bei der Bundesregierung, die zu der Be- 
schwerde Anlaß gegeben hat, zu bewir- 
ken; vgl prAusf-G 85; R 77. 
iure Franconico, der Herzog von Sachsen 
in his locis, ubi Saxonica iura servantur. 
Kaiser. Die staatsrechtliche Natur des 
neuen deutschen Kaisertums ist wissen- 
schaftlich noch nicht geklärt; denn es ist 
jung und entspricht keinem bekannten 
Typus. Zum großen Teil laufen die Mei- 
nungsverschiedenheiten freilich auf einen 
Wortstreit hinaus, ohne erhebliche sach- 
liche Bedeutung, daraus herrührend, daß 
mit den Worten Souveränität, Träger der 
Staatsgewalt, Monarch verschiedene Be- 
griffe verbunden werden. Die sachlichen 
Streitfragen über die einzelnen Rechte des 
deutschen K(ai)s(ers) sind gering; soweit 
sie unmittelbare praktische Bedeutung 
erlangen können, lassen sie begründete 
Zweifel überhaupt nicht zu. 
Das deutsche Kaisertum ist hervorge- 
gangen aus dem Bundespräsidium der 
nordd Bundesverfassung vom 17. April 
1867. Bei Eintritt dersüddeutschen Staa- 
ten in den Nordd Bund wurden für den 
erweiterten Bund der Name Deutsches 
Reich und für das Präsidium des Bundes 
der Name Deutscher Ks angenommen. 
Kaiserproklamation zu Versailles am 
18. Jan 1871. Bei der Neuredaktion der R 
durch das Gesetz vom 16. April 1871 wur- 
den die neuen Bezeichnungen ein- 
heitlich durchgeführt; an einzelnen 
Stellen der R ist dabei die Bezeichnung 
Präsidium beibehalten, weil es sich hier 
nicht um das Präsidium als Reichsorgan, 
sondern um besondere Rechte des preuß 
Staates handelt. 
Für die Erfassung der allgemeinen 
staatsrechtlichen Stellung des Ks sind 
zwei Punkte hauptbedeutsam: 1. der Ks 
ist ein unmittelbares Organ des Reiches 
als einer besonderen staatlichen Persön- 
lichkeit; 2. die organische Stellung des 
Kaisers im Reich ist reichsverfassungs- 
mäßig untrennbar verbunden mit dem 
preuß Königtum. 
Das Deutsche Reich ist eine besondere 
staatliche Persönlichkeit, es hat eigene 
Reichsorgane und dazu gehört der Ks. 
Er übt nicht, wie es nach den Entwürfen
	        
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