Kaiser.
der nordd BundesV dem Bundespräsi-
dium zugedacht war, in den kaiserl Rech-
ten hegemonische Rechte des preuß Staa-
tes über das außerpreuß Reichsgebiet aus,
sondern eigene Rechte des Reichs. Er
übt diese Rechte als unmittelbares Organ
des Reiches aus, d. h. seine Stellung als
Organ des Reichs beruht unmittelbar auf
der R, er handelt unmittelbar in Namen
des Reichs, nicht im Namen oder gar
kraft Delegation eines andern Reichs-
organs oder eines andern Trägers der
Reichsgewalt, und er handelt ohne ir-
gendwelche rechtliche Verantwortlich-
keit. In einem Teil seiner Funktionen,
z. B. im Reichsgesetzgebungsverfahren,
ist freilich der Ks verpflichtet, in der Folge
von Beschlüssen (nicht auf Befehl) des
Bundesrats in bestimmter Richtung tätig
zu werden; aber auch in solchen Fällen
prüft er selbständig die verfassungsmä-
Bigen Voraussetzungen seiner Tätigkeit,
und es sind keine Ersatz- oder Zwangs-
mittel gegen ihn gegeben, wenn er die
Erfüllung seiner verfassungsmäßigen
Pflicht versagt.
Durch die untrennbare Vereinigung des
Kaisertums mit dem preuß Königtum in
einer Person ist es reichsverfassungs-
rechtlich gewährleistet, daß dem Ks stets
und überall die weittragenden Rechte zu
Gebote stehen, welche — ebenfalls reichs-
verfassungsrechtlich — dem Staate Preu-
ßen im und am Reiche zukommen (z. B.
17faches Stimmrecht, Stichentscheid, be-
schränktes Veto im Bundesrat). Es ist
nicht nur dem König von Preußen das
deutsche Kaisertum, sondern auch dem
deutschen Kaiser das preuß Königtum
durch die R gewährleistet; und zwar
letzteres in dem doppelten Sinn, daß
dem deutschen Ks die monarchische
Leitung des preuß Staats und daß
dem preuß Staat die bevorrechtigte
Stellung im Organismus des Reichs, wie
sie in der R vorgesehen, gewährleistet
ist. Wenn auch für die Entscheidung
mancher staatsrechtlichen Einzelfragen
die begriffliche Trennung der kaiserl
und der königl preuß Befugnisse
notwendig ist, so läßt sich doch ein rich-
tiges Bild von der Gesamtrechtsstellung
des einen Inhabers der beiden Gewalten
nur durch eine einheitliche, zusammen-
fassende Betrachtung gewinnen.
In eine kurze Formel läßt sich der In-
halt des Kaisertums nicht fassen. Der Ks
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ist mehr als der Präsident demokratischer
Staaten, besonders weil er infolge seiner
Verbindung mit dem preuß Königtum
kraft Erbrechts Inhaber der kaiserl Stel-
lung ist. Er ist im Organismus des Reichs
weniger als der Monarch konstitutionel-
ler Monarchien. Denn die Funktionen,
welche nach dem herkömmlichen Begriff
dem konstitutionellen Monarchen zuste-
hen, sind im Deutschen Reich zwischen
Kaiser und Bundesrat geteilt, und zwar
so geteilt, daß u. a. die materielle Mit-
wirkung an dem Reichsgesetzgebungsver-
fahren dem Bundesrat und nicht dem Ks
zugewiesen ist. Dieser Mangel an mon-
archischem Recht wird dem Ks auch
nicht durch die Rechte Preußens im Bun-
desrat ersetzt; denn Preußen kann im
Bundesrat — von Ausnahmen abge-
sehen — überstimmt werden. Auf der
andern Seite ist aber der Ks durch
das ausschließliche Recht, die äußere
Politik des Reichs zu leiten und das
Reich völkerrechtliich zu vertreten,
durch das ausschließliche Recht, die
Reichsgewalt im inneren Staatsleben zu
repräsentieren, durch mannigfache Ver-
waltungsrechte, durch die Verfügungs-
macht über die Machtmittel des Reichs,
durch seine Unverantwortlichkeit und
durch die Verbindung mit dem preuß Kö-
nigtum mit einer solchen Fülle von
monarchischen Rechten ausgestattet, daß
dem Verlangen des in seinem größten Teil
nicht nur monarchisch regierten, sondern
auch monarchisch gesinnten deutschen
Volkes nach einem monarchischen Reichs-
oberhaupte wenigstens dem Scheine und
der politischen Wirkung nach entspro-
chen ist.
Im einzelnen kann über die rechtliche
Stellung des Ks hier nur folgendes er-
wähnt werden:
Als persönliche Ehrenrechte stehen dem
Ks zu der Titel Deutscher Ks, die Kaiser-
krone, das kaiserl Wappen und die kai-
serl Standarte. Der kaiserl Titel wird in
allen, aber auch nur in den Beziehungen
und Angelegenheiten des Reichs geführt.
Der Kronprinz von Preußen führt den
Titel Kronprinz des Deutschen Reiches
und das Prädikat Kaiserl Hoheit. Eine
Zivilliste steht dem Ks von Reichs wegen
nicht zu; ihm wird alljährlich durch den
Reichshaushaltsetat ein Dispositionsfonds
für Gnadenbewilligungen u. dgl zur Ver-
fügung gestellt.
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