Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Steuerbuch und dadurch auf das Kt zu- 
rückgeführt. 
Die ReichsGr hat sich, da die Ein- 
richtungen der Einzelstaaten in dieser Be- 
ziehung noch zu verschieden sind, um 
eine einheitliche Grundlage für das 
Grundbuch abgeben zu können, im $ 2 
auf die Vorschrift beschränkt, daß die Be- 
zeichnung der Grundstücke im Grund- 
buche nach einem amtlichen Verzeichnisse 
zu erfolgen habe, hat die Einrichtung die- 
ses Verzeichnisses aber den landesherr- 
lichen Verordnungen überlassen. Auf 
Grund dieses Vorbehaltes haben Art 2 
der Verordn vom 13. Nov 1899, GesS 519, 
sowie die Verordnungen der meisten an- 
deren Einzelstaaten die Grund- und Ge- 
bäudesteuerbücher als das amtliche Ver- 
zeichnis der Gr 2 bestimmt. Hierdurch 
ist die Zurückführung des Grundbuchs 
auf das Kt für Preußen vorgeschrieben 
und der bisherige Rechtszustand aufrecht 
erhalten. 
Die rechtliche Bedeutung der Zurück- 
führung des Grundbuches auf das Kt be- 
steht in dem Grundsatze, daß der Erwerb 
des katastermäßig bezeichneten Grund- 
stückes nach Maßgabe der Flurkarte, also 
in den Grenzen erfolgt, welche sich durch 
die Übertragung der Flurkarte in die Ört- 
lichkeit ergeben. Die Angaben des 
Grundbuches und der Steuerbücher über 
die Eigenschaft des Grundstückes (Hof- 
raum, Wiese, Acker, Wald), über seine 
Lage und Größe, den Grundsteuerrein- 
ertrag, den Nutzungswert, den Erwerbs- 
preis, die Straßennummer sind für den 
Rechtsverkehr wertvoll, stehen aber nicht 
unter dem Glauben des Grundbuches, sie 
dienen nur zur näheren Beschreibung des 
Grundstückes, deren Richtigkeit das 
Grundbuch nicht garantiert, die recht- 
liche Bedeutung der Verbindung des 
Grundbuches mit dem Kt besteht aber 
nicht in der Beschreibung, sondern in 
der Bestimmung des Grundstückes, wel- 
ches durch die Kartierung, durch die 
Kartenfigur, individualisiert wird. Das 
Grundbuch verbürgt daher z. B. nicht die 
Richtigkeit der angegebenen Lage, nicht 
die Richtigkeit der Angabe, daß das 
Grundstück im „Winterfelde‘“ oder am 
„Schleifwege‘“ liege, es verbürgt aber 
den Bestand, die Grenzen, welche sich 
aus der Übertragung der Katasterfigur in 
die Örtlichkeit ergeben. 
Dies ist zwar bestritten, es wird be- 
  
Kataster. 
hauptet, daß alle Angaben des Kt nur 
tatsächlicher Natur seien und ihre Rich- 
tigkeit deshalb vom Grundbuch nicht 
gewährleistet werde. Aber die Bestim- 
mung des Grundstückes nach seinem ka- 
tastermäßigen Umfange ist keine bloß 
tatsächliche Angabe, weil ein Sachen- 
recht nur an einer Sache besteht, die 
Sache daher ohne ihre Individualisierung 
wesenlos ist und deshalb durch die ge- 
naue Bestimmung der dem Eigentums- 
recht unterliegenden Sache das Recht 
selbst bezeichnet wird. Deshalb muß 
derjenige, welcher als Eigentümer des 
Grundstückes eingetragen ist, jedem 
Dritten gegenüber als Eigentümer des- 
jenigen Flächenabschnittes gelten, wel- 
chen die Katasterkarte bezeichnet. Diese 
jetzt wohl herrschende Ansicht ist auch 
in den Motiven des ersten Entw des B 
und in den Protokollen des zweiten Eutw 
unzweideutig zum Ausdruck gebracht und 
findet eine weitere Bestätigung durch die, 
ausgesprochenermaßen nur wegen dieser 
Bedeutung des Kt erfolgte Beseitigung 
der Immobiliarersitzung und der Rechts- 
vermutungen bei Grenzanlagen (Zwi- 
schenräumen, Mauern, Winkel), weil 
diese Beseitigung ohne den Nachweis 
des Grundstücksbestandes durch das Kt 
der Ermittelung der Grenzen jeden recht- 
lichen Halt nehmen würde. 
Wegen dieser Bedeutung des Kt darf 
die Flurkarte nicht einseitig ohne Über- 
einstimmung der Eigentümer geändert 
und darf eine Neuvermessung, durch 
welche die Kartenfigur geändert ist, nicht 
ohne diese Zustimmung in das Grund- 
buch übernommen werden. Zwar kann 
durch eine einseitige, unzulässige Ände- 
rung der Karte weder Eigentum erwor- 
ben noch verloren werden; für den, wel- 
chem unzulässigerweise durch Übernahme 
des Ergebnisses einer fehlerhaften Ver- 
messung in das Grundbuch der einem an- 
deren gehörende Grundstücksteil zuge- 
schrieben ist, spricht freilich die Ver- 
mutung der Richtigkeit des Grundbuches ; 
diese Vermutung wird aber ohne weiteres 
durch den Nachweis der unzulässigen Än- 
derung und Zuschreibung widerlegt. 
Nach dem Eintritt eines Rechtserwerbes 
durch Auflassung an den gutgläubigen 
Dritten und durch den Zuschlag in der 
Zwangsversteigerung gilt dagegen der 
Inhalt des Grundbuches, im letzteren 
Falle sogar dann, wenn sich der Ersteher
	        
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