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mit 10jähriger Wirkung getreten ist. Die
zeitliche Wirkungsbeschränkung beruht
auf Gw 139a Abs 5.
Es dürfen nur Arbeiterinnen über
16 Jahren und nur in den Jahreszeiten
eines vermehrten Arbeitsbedürfnisses be-
schäftigt werden. Die Arbeitszeit darf
täglich 13 Stunden nicht überschreiten
und nicht in die Zeit von 10 Uhr abends
bis 51/, Uhr morgens fallen. Bei Beschäf-
tigung über die gesetzliche Arbeitszeit
hinaus an mehr als 40 Tagen im Betriebs-
jahre ist die Arbeitszeit so zu regeln, daß
ihre tägliche Dauer im Durchschnitt der
Betriebstage des Jahres die regelmäßige
gesetzliche Arbeitszeit nicht überschreitet.
Im übrigen ist auf Tafeln im Arbeitsraum
die tägliche Überarbeit anzuzeigen. Es
findet eine weitgehende Kontrolle der
Ortspolizeibehörde bezüglich der Über-
arbeit statt, da gerade hierin bei diesem
Gewerbe, in dem sich die Herstellung von
Gemüse- und Obstkonserven auf eine be-
stimmte Jahreszeit zusammenschiebt, die
größte Gefahr für die Gesundheit der ar-
beitenden Frauen zu sehen ist.
Kommentare zur Gwvon Marcinowski, v. Land-
mann 2804, Berger-Wilhelmi 672, Schicker,
Schenkel, Welgeit.
Konsistorium, evang. Das K(on)-
s(istorium) im Sinne des heutigen evangel
Kirchenrechts ist die kollegiale, aus Geist-
lichen und Laien, insbesondere Rechts-
kundigen, zusammengesetzte, ständige
Behörde, durch die der Landesherr die
ihm zustehende Kirchengewalt (die kir-
chenregimentlichen Befugnisse, jus in
sacra) ausübt und deren Mitglieder von
ihm ernannt werden.
Wie es seinen Namen von der Ks ge-
nannten Behörde ableitet, welche dem Ge-
neralvikar, dem Gehilfen des Bischofs, bei
der Ausübung der jura jurisdictionis zur
Seite gestellt war, so hat man ihm anfangs
fälschlich die in der kathol Kirche dem
Bischof zustehenden Rechte zuge-
sprochen, vgl auch ALR I 11 8 143, dazu
Jakobson Das evang Kirchenrecht d.
preuß Staates 35, was dadurch gestützt
wurde, daß dort, wo der Bischof zur evang
Kirche übertrat, zunächst die Errichtung
eines Ks unterblieb. Hervorgegangen ist
das evang Ks aus den landesherrlichen
Visitationskommissionen und sind Ks in
den Jahren 1540 ff fast in allen evang Lan-
deskirchen errichtet worden. Ihr Vorbild
war das 1539 in Wittenberg für den sog
Kurkreis errichtete Ks, das aus zwei Theo-
Konservenfabriken — Konsistorium, evang.
logen und zwei Juristen bestand. Es ver-
dankte seine Entstehung einem Antrag,
der unter dem 13. Mai 1537 von dem in
Torgau versammelten Ausschusse an den
Kurfürsten Johann Friedrich gerichtet
wurde und in dem „Ks“ zum ersten Male
in der evang Bedeutung gebraucht wird,
„daß zu Erhaltung der bekannten gött-
lichen Lehre, auch christlichen Gehorsams,
Zucht und gutter Sitten und Ehrbarkeit an-
statt jener Bischöfe und ihrer mißbrauch-
ten Obrigkeit ettliche Ks möchten aufge-
richtet werden‘, und dem zustimmenden
Gutachten der Wittenberger theologi-
schen und juristischen Fakultät vom Jahre
1538. Das Bedürfnis des Landesherm
nach sachverständigem Beirat bei Aus-
übung der Kirchengewalt erweiterte die
Zuständigkeit der Ks, so daß der Super-
intendent der Grafschaft Mansfeld, Sarce-
rius, 1554 ihnen Aufrechterhaltung reiner
Lehre und wichtiger Zeremonien, die Auf-
sicht über das Leben der Geistlichen, den
Schutz und Schirm der Pastoren, die Sorge
für Kirchenvermögen und Kirchenbaulast,
die Verfolgung öffentlicher Sünder, das
Examen, die Ordination und die Verpflich-
tung der anzustellenden Geistlichen zu-
spricht. An anderen Orten lag ihnen vor-
zugsweise ob, die Lehrstreitigkeiten und
die Übergriffe der Geistlichen bei Hand-
habung der Kirchenzucht einzuschränken.
Von diesen den Ks überwiesenen Befug-
nissen — den jura vicaria — sind die
kirchenregimentlichen Rechte zu scheiden,
die der Landesherr sich oder seinem
Staatsministerium zu eigener Ent-
schließung vorbehielt, die jura reservata.
Mit der wachsenden Zuständigkeit der
Ks unter dem Territorialsystem wurde
ihre Bedeutung immer unklarer. Wie man
die Kirchengewalt des Landesherrn viel-
fach lediglich als einen Ausfluß der Staats-
gewalt ansah und demgemäß Kirchenge-
walt und Staatsgewalt nicht klar unter-
schied, so blieb auch unklar, ob die Ks
staatliche oder kirchliche Behörden waren.
Dies zeigt sich darin, daß man ihnen Be-
fugnisse zusprach, die begrifflich den
Staatsbehörden zukommen, daß man
ihnen Andersgläubige unterstellte und
solche selbst als Mitglieder zuließ. An-
dererseits zeigte sich eine große Zer-
splitterung und Mannigfaltigkeit.
Die Entwickelung zu einem systemati-
schen und einheitlichen Aufbau, wie wir
ihn gegenwärtig vor uns sehen, vollzog