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gemäß auch auf privatrechtliche An-
sprüche gegen Parlamentsmitglieder’ we-
gen der in Ausübung ihres Berufs geta-
nen Äußerungen anzuwenden sein. Ein
Anspruch aus B 824, UnlWGes 6 wird
meist schon wegen berechtigter Interessen
an der Mitteilung nicht bestehen, die Un-
statthaftigkeit eines Anspruchs aus S 137,
B 823 Abs 2, 826 (UnIWGes 7) aber trotz
der möglichen bedenklichen Folgen als
das geringere Übel hinzunehmen sein.
Vgl bei Unerlaubte Handlungen; Biberfeld Zur Aus-
legung des B 824, Beitr z. Eri d. DR 42 367; Kohler
Archiv für Strafrecht 47 150 ff. Fromberz.
Kreis (Preußen). Die gesetzliche Ord-
nung in den alten Provinzen (außer
Posen) ist durch die Kreisordnung vom
13. Dez 1872 erfolgt, Novelle und neue
Bekanntmachung vom 19. März 1881;
Kreis- und Provinzialabgabengesetz vom
23. April 1906. — Für Hannover: Kreis-
ordnung vom 6. Mai 1884, für Hessen-
Nassau vom 7. Juni 1885, für Westfalen
vom 31. Juli 1886, für die Rheinprovinz
vom 30. Mai 1887, für Schleswig-Holstein
vom 26. Mai 1888. — Für Posen: Kreis-
ordnung für das Großherzogtum Posen
vom 20. Dez 1828 (Einführung der Kreis- |
stände), zuletzt abgeändert durch Gesetz
vom 4. Aug 1904.
I. Der Landrat ist ein Einzelbeamter,
der jedoch vielfach an die Zustimmung
des Kreisausschusses (s. d.) gebunden ist.
Zum Landrate ist geeignet:
1. wer die Befähigung zum Richter-
amte oder zum höheren Verwaltungs-
dienste hat;
2. wer mindestens ein Jahr durch
Grundbesitz oder Wohnsitz dem Kreise
angehört und (auch ohne Prüfung) vier
Jahre bei der Selbstverwaltung oder (nach
bestandener erster juristischer Prüfung)
vier Jahre bei einem Gerichte oder in der
Verwaltung tätig gewesen ist.
Die Ernennung des Landrates erfolgt
durch den König auf Vorschlag des Kreis-
tages. In Posen besteht dieses Vor-
schlagsrecht nicht. In Hohenzollern ist
die Ablegung des Assessorexamens Vor-
aussetzung (Oberamtmann).
3. Die gesamte Staatsverwaltung des K
ist vom Landrate wahrzunehmen; er ist
ständiger Kommissar des Regierungs-
präsidenten. Bei Polizeiverordnungen ist
er an die Zustimmung des Kreisaus-
schusses (s. d.) gebunden.
Zur Vertretung des Landrates sind zwei
Kreditschädigung — Kreittmay(e)r.
vom Kreistage auf 6 Jahre gewählte Kreis-
deputierte (im Ehrenamte) bestimmt.
II. Der kommunale Kreisverband be-
steht aus den benachbarten, durch die ge-
setzliche Kreiseinteilung zueinander ge-
hörigen Stadt- und Landgemeinden so-
wie Gutsbezirken. Eine Stadt mit wenig-
stens 25000 Einwohnern kann aus dem
Landkreise ausscheiden und einen selb-
ständigen Stadtkreis bilden (kreisfreie
Stadt). — Eine Änderung der Grenzen
eines K kann nur durch Gesetz erfolgen.
IIl. Der K ist juristische Person.
1. Kreisangehöriger ist, wer als Deut-
scher im K Wohnsitz hat (oft genügt
Grundbesitz); er hat das Recht, die Ein-
richtungen des K zu benutzen, und besitzt
aktives und passives Wahlrecht; er ist
zur Tragung der Lasten und Übernahme
unbesoldeter Ämter verpflichtet.
2. Der Kreistag besteht aus wenigstens
25, auf sechs Jahre gewählten Abgeord-
neten; er ist zur Vertretung des Kreis-
kommunalverbandes zuständig und ver-
waltet die (nicht dem Kreisausschusse zu-
gewiesenen) Kreisangelegenheiten. Er
tagt zweimal im Jahre unter dem Vorsitze
des nicht stimmberechtigten Landrates.
3. Für besondere Angelegenheiten des
K werden Kommissare oder Kommissio-
nen eingesetzt. P.
Kreisausschuß (Preußen) s. Pro-
vinzialrat.
KreisausschuB s. Jagdpolizeibe-
hörde: $$ 104—106 ZuständGes vom
1. Aug 1883 (für Hannover), $ 71 prJagd-
O vom 15. Juli 1907, 8$ 87ff Kreisordn
für Hannover vom 6. Mai 1884. Steilin«.
Kreissynode s. Synoden.
Kreittmay(e)r, Aloys Wigulaeus von,
Reichsfreiherr auf Offenstätten, * 14. Dez
1705 zu München, wo er 1725 nach Voll-
endung seiner Studien in Salzburg, Ingol-
stadt, Utrecht, Leiden, Wetzlar als Hofrat
angestellt war. Er wurde 1740 pfalzbaye-
rischer Hofgerichtsbeisitzer des Reichsvi-
kariats, 1742 wirklicher Reichshofrat, 1745
Hofratskanzler und Geheimrat, 1749 Ge-
heimratskanzler und Konferenzminister,
1758 Geheimer Kanzler und Lehnpropst,
auch Kanzler der kurbayerischen Akade-
mie der Wissenschaften, 1781 Präsident
der Schulkuratel, 1790 Vikariatshofge-
richtskanzler, und F am 27. Okt desselben
Jahres. Mit seinen großen Kodifikationen
des bayerischen Rechts (die allerdings nur
das gemeine und statutarische Recht zu-