132 Die Zeit der Militärreorganisation.
innerung geblieben war und daß es auf die fortdauernde Spannung zwischen
Preußen und sterreich rechnete. Dänemark hatte 1848 und 1849 ganz
absonderliche Kriegserfahrungen gemacht. Die Leichtigkeit, mit welcher die
preußischen Garden an jenem Ostermorgen über die Trümmer des alten
Danewirke hinweggeschritten waren, hatte ihm die frühere Bedeutung dieser
Wälle wieder ins Gedächtnis gerufen. Das Danewirke und die Düppler
Schanzen — den Sachsen seit 1849 noch in gutem Andenken — waren zu
festungsartigen Positionen umgewandelt worden. Außerdem stützte sich der
Trotz des kleinen Inselreichs auf seine Seemacht und auf eine übertriebene
Vorstellung von der Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit seines Landheeres,
vielleicht auch auf den erwarteten Beistand Englands — eine verhängnisvolle
Kette von Täuschungen!
Die Stellungen im Innern des Landes waren freilich stark. Von einem
Meere zum andern quer durch ganz Schleswig, d. h. von der Schleibucht bis
zur Eidermündung, zog sich jenes berühmte Danewirke, welches die heidnische
Königin Thyra Danebot einst als einen Damm gegen das Vordringen des
Kreuzes nach Norden aufgetürmt und welches später die Schwarze Margarete
aufs neue mit Zinnen und Türmen gekrönt hatte. Jetzt waren die alten
Schanzen wieder hergestellt und verbessert und neue Schanzen nach allen Regeln
der Befestigungskunst dazu angelegt worden. Eine fast mythische Bedeutung
knüpfte sich an das unüberwindlich geglaubte Danewirke. Noch jetzt erblickte der
Posten, der am meerumrauschten Strande von den Schanzen nach Süden spähte,
in dunkler stürmischer Mitternacht die Gestalt der Schwarzen Margarete, wie
sie auf weißem Zelter, das schwarze Haar im Winde flatternd, in einer Wolke
von einem Meere zum andern das Danewirke entlang hinabritt.
Weiter nordwärts am Alsensunde erhoben sich die berühmten zehn Schanzen
der Düppelstellung, die so viel edles Blut kosten sollten, und endlich noch
weiter im Norden jenseit des Lymfjord, der in die jütische Halbinsel von
Ost gegen West tief einschneidet, war eine dritte Schanzenreihe nahe dem
Ottensunde erbaut worden, wie man die Bucht nennt, von deren weit in das
Meer vorspringendem äußersten Riff der deutsche Kaiser Otto einst dem auf
seinen Schiffen entfliehenden Dänenheere den Speer nachschleuderte mit dem
Rufe: „So weit mein Speer noch fleugt, reichen Deutschlands Marken!“ Heut-
zutage fliegt der Adler der deutschen Flotte noch viel weiter als einst Kaiser
Ottos Speer.
Die Schanzen waren vortrefflich angelegt und mit dem besten gezogenen
Geschütz armiert; aber lebendig werden sie doch erst durch die Männer, die sie
verteidigen sollen. Die Kriegsgeschichte des dänischen Heeres umfaßt nur
wenige Blätter, und diese bilden nicht bloß Lorbeerblätter. Die Siege aber,
welche der „tappre Landsoldat“ bei Fridericia 1849, bei Idstedt und Friedrich-
stadt 1850 über das ungleich schwächere Schleswig- Holstein davongetragen,
hatten zu einer Selbstüberschätzung und zu einem Übermut geführt, wie er sich
in dem Standbilde des tappern Landsoldaten auf einer Bastei zu Fridericia
und in dem berüchtigten großmäuligen Löwen zu Flensburg aussprach, der, über