Bismarcks diplomatische Laufbahn. 139
28. Juli 1847 zu Reinfeld in Pommern mit Fräulein Johanna von Putt-
kamer vermählt. Der Vater der künftigen Fürstin von Bismarck war, nach
seinen eignen Worten, „wie mit der Axt vor den Kopf geschlagen“, als der
„tolle Bismarck“, wie man ihn damals hieß, um die Hand seiner züchtigen und
einfach erzogenen Tochter warb. Auch Frau von Puttkamer gab erst dann
ihre Zustimmung, als der Junker Heißsporn selbst erschien und seine Braut
vor ihren Augen in die Arme schloß; später ist sie ihrem Schwiegersohne stets
eine mütterliche Freundin gewesen. Ihr 1871 im achtzigsten Jahre heim-
gegangener Gatte hat die höchsten Glückstage seines Kindes noch gesehen,
während Bismarcks Eltern so früh verstorben waren, daß der Sohn manches-
mal bei einem neuem Schritte auf der Ruhmesleiter das wehmütige Wort
seiner Freunde hören mußte: „Bismarck, wenn das deine gute Mutter noch
erlebt hätte!“
Nach den Märztagen ward er in den zweiten Vereinigten Landtag berufen.
In politischen Vereinen entwickelte er damals eine bemerkenswerte Thätigkeit,
auch in den Redaktionsräumen der „Neuen Preußischen Zeitung“, deren Mit-
begründer er war, erschien er bisweilen und ließ nicht selten, oft im Vorüber-
gehen, den Hut in der Hand, kurze Artikel, flüchtige Zeilen für den Gebrauch
der Redaktion zurück. Mit dem 26. Februar 1849 begann für ihn ein
ernsteres, zielbewußteres parlamentarisches Wirken. An diesem Tage wurde
in Berlin der Landtag eröffnet, der die vom Könige erlassene oder oktroyierte
Dezemberverfassung von 1848 zu revidieren hatte. Damals sprach er das
Wort: „Der Prinzipienstreit, der Europa in seinen Grundfesten erschüttert
hat, wird nicht durch parlamentarische Debatten entschieden; über kurz oder
lang muß der Gott, der die Schlachten lenkt, die eisernen Würfel der Ent-
scheidung darüber werfen.“
Derselbe entschlossene Geist, zugleich aber die erste Ahnung, daß Preußen
die Herbeiführung der Einigung Deutschlands beschieden sei, spricht aus seiner
Rede vom 6. September 1849, die er gegen das „Dreikönigsbündnis“ und
von Radowitz' Bestrebungen im Interesse des damaligen Einigungsversuchs
hielt. — Der Frankfurter Reichsverfassung hatte Bismarck nicht zugestimmt,
weil sie ein Ausfluß der Volkssouveränität war. Damals billigte er sogar
das schmähliche Abkommen von Olmütz, das er später so furchtbar gerächt hat;
ja in seiner großen Rede vom 3. Dezember 1850 (im Erfurter Parlament)
forderte er, daß Preußen sich Osterreich unterordne, da es gelte, im Bunde
mit diesem vor allem die Demokratie niederzuwerfen. Osterreich war für ihn
noch „eine deutsche Macht, obgleich es fremde Völkerschaften beherrschte“;
anderthalb Jahrzehnte später riet er freilich demselben Osterreich, „seinen
Schwerpunkt nach Ofen zu verlegen.“ .
Beginn der diplomatischen Caufbahn. Bald darauf sollte Otto von Bis—
marck Gelegenheit erlangen, das wahre Antlitz der österreichischen Staatskunst
in bezug auf Preußen und Deutschland aus nächster Nähe zu schauen. Im
Mai 1851 zum ersten Sekretär der Bundestagsgesandtschaft ernannt, ward er
schon im August desselben Jahres zum wirklichen Bundestagsgesandten befördert
— eine glänzende diplomatische Laufbahn, die er vor allem seinem parlamen-