Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

Landständische Verfassungen. 5 
von Preußen; das VII. der König von Bayern; das VIII. war aufzubringen 
von Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt; das IX. von Sachsen, Hessen- 
Kassel, Nassau und Luxemburg; das X. von Hannover, Braunschweig, Holstein, 
Mecklenburg, Oldenburg und den Hansestädten. Die kleineren Staaten stellten 
eine besondere Abteilung, die Reservedivision, bestimmt, im Kriege zur Be- 
setzung der Bundesfestungen Luxemburg, Mainz und Landau verwendet zu 
werden. Der siebente Teil des Bundesheeres sollte aus Reiterei bestehen, die 
gesamte Artillerie sollte 1100 Geschütze führen. 
Mit frohen Hoffnungen glaubten die Völker, die so treulich ihren Fürsten 
und Führern geholfen hatten, den bösen Feind zu vertreiben, in die Zukunft 
blicken zu dürfen, denn man hatte ihnen ähnliche Rechte und Freiheiten, wie 
die Bürger in Frankreich, Holland, England, Spanien 2c. besaßen, versprochen. 
Nach den Opfern, welche die Völker in dem großen Befreiungskampfe gebracht, 
nach den Versprechungen, welche man ihnen gegeben hatte, verstand es sich im 
Grunde von selbst, daß Stadt und Land fortan nicht beliebig mit Steuern und 
Abgaben sollten heimgesucht werden dürfen, vielmehr erwartete man, daß die 
alten Landesvertretungen wieder ins Leben gerufen würden. Durch die von 
den Gemeinden oder Provinzen zu einem Land= oder Reichstage entsendeten 
Abgeordneten sollten vor allem die gegenseitigen Rechte von Fürsten und Unter- 
thanen festgestellt und rechtsgültige Verfassungeurkunden besiegelt werden. 
Die landständischen Verfassungen sollten nicht anders als auf dem durch 
die Gesetze vorgeschriebenen Wege abgeändert werden. Die Landstände oder 
Kammern, welche innerhalb gewisser Zeiträume zusammenzutreten hätten, 
sollten gemeinschaftlich mit den Regierungen über das Wohl des Landes be- 
raten, für gute Gesetze sorgen, den Handel und die Gewerbe beleben und auf 
diese Weise den allgemeinen Wohlstand und die Zufriedenheit aller fördern 
helfen. Die Unterthanen der Bundesfürsten dagegen sollten unbehelligt von 
einem Staate nach dem andern ziehen, wo es ihnen am besten dünkte, ihren 
Lebensunterhalt zu erwerben, und frei ihre Religion ausüben dürfen. Das Volk 
selbst sollte sich ungehindert zu Besprechung seiner Angelegenheiten versammeln, 
laut ein freies Wort reden, und alle, welche es vermochten, die Feder zu führen, 
die Gelehrten, Schriftsteller, Politiker, sollten ebenso frei über alle öffentlichen 
und wissenschaftlichen Fragen und Vorkommnisse schreiben, verhandeln und 
drucken lassen dürfen, mit andern Worten es war Versammlungsrecht und „Preß- 
freiheit" zugesagt worden. Den Rheinlanden ward überdies die Erhaltung 
ihrer liebgewordenen öffentlichen Rechtspflege, vornehmlich die Fortdauer der 
Geschworenengerichte, zugesichert. 
Ach, wäre nur die Hälfte von dem in Erfüllung gegangen, was in dem 
hoffnungsreichen Jahre 1815 angelobt und gern geglaubt wurde! — Aber es 
wurde in den nächsten Jahrzehnten des Friedens gefehlt und gesündigt von 
allen Seiten. 
Anfangs fehlte es nicht an gutem Willen, die Verheißungen wahr zu 
machen. Der treffliche Karl August, Großherzog von Sachsen-Weimar, ver- 
lieh im Mai 1816 seinem Lande eine Verfassung, welche den wesentlichsten 
Bedingungen des modernen Staatslebens entsprach. Auch in Süddeutschland, wo
	        
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