Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

Vor dem Feinde. 163 
vorher zwei stattliche dänische Schiffe — den „Christian VIII.“ und die 
„Gefion“ — ereilt hatte. 
Schon der Marsch von Kiel herauf war eine harte Probe für die Aus— 
dauer der Truppen gewesen. Die Chaussee war glatt wie eine Eisbahn, Pferde 
stürzten, und zurückgebliebene Wagen hielten den Marsch der Kolonnen auf. 
Das langsame, ermüdende Fortkommen ward bei der eisigen Kälte zur doppelt 
harten Strapaze. Auch heute war die Luft rauh und kalt. Der Oberstleutnant 
von Hartmann, Kommandeur der Sechziger, hatte die Ehre, die Avantgarde 
zu führen. Der erste Kanonenschuß donnerte von der Schanze. Gesang und 
Scherzworte verstummten plötzlich. 
„Geht's denn heute gleich schon bis Kopenhagen?“ hatte ein Reservist 
halb launig, halb verdrießlich gefragt, als der Marsch kein Ende zu nehmen schien. 
Doch jetzt donnert es „Halt!“, die Artillerie fährt vor, und bald darauf saust 
die erste Dänenkugel über das Bataillon. 
Hei, wie im ersten Augenblick sich unwillkürlich der und jener duckt und 
dann beschämt aufschaut! Aber der markige Krieger dort, mit dem Ehrenzeichen 
derer von Magenta und Solferino auf der Brust, ruft lächelnd: „Kinder, nun 
habt ihr dem Feinde euer Kompliment gemacht. Spreche ein jeder sein Gebet, 
denn von jetzt ab habt ihr an nichts andres zu denken, als an eure Pflicht." 
Es war der Major von Jena, der diese Worte zu seinen Soldaten sprach, 
und während er durch die Glieder ritt, schaute er jedem forschend und ermun- 
ternd ins Antlitz. Die ruhige Zuversicht des Führers gibt der Truppe Ver- 
tranen und Mut. 
„Sei ruhig — steh'st in Gottes Hut! 
Er liebt ein treu Soldatenblut.“ 
Freilich schauen die jungen Soldaten ernster drein als sonst; mancher mag 
auch leise zittern — aber er läßt es nicht merken. 
Noch ernster aber schauten die Dänen drein, die in fester Stellung bei 
Schleswig der kommenden Dinge harrten. Denn einen so baldigen Besuch 
mitten in der Winterzeit hatten sie keineswegs erwartet. 
Schon am 30. Januar war vom General von Wrangel an den dänischen 
General de Meza die Aufforderung ergangen, sich binnen 24 Stunden zu 
erklären, ob er Schleswig räumen wolle oder nicht. Auf seine verneinende 
Antwort hatten die Verbündeten am 1. Februar die Eider überschritten. Ihr 
Vorschreiten stieß jedoch auf bedeutende Schwierigkeiten. Von dem befestigten 
Friedrichsstadt bis zu der tief in das Land einschneidenden Bucht der Schlei 
waren durch Überschwemmung der Wiesen und starke Verschanzungen in drei- 
facher Reihe die Danewirke wieder zu trotzigen, scheinbar unüberwindlichen 
Bollwerken gemacht worden. Die Dänen bauten fester denn je auf ihr „Dane- 
wirke"“, jenen uralten, durch Wall und Graben befestigten, elf Meilen langen, an 
Meere und Sümpfe sich anlehnenden Damm, dessen Widerstandsfähigkeit seit 
dem Jahre 1848 durch eine Reihe von Schanzen und Forts noch bedeutend 
erhöht worden war. Die Besatzung dieses achtunggebietenden Bollwerks erfor- 
derte jetzt 25000 Mann. 
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