Infanterie bei Dermbach und Wiesenthal. 323
Voran die Division Göben, nur Westfalen. Sie brannten vor Kampf-
begier, doch sollte von den tapferen Söhnen der „roten Erde“ — wie das
Land seit den Tagen der Femezeit heißt — mancher seine Heimat nicht wieder-
sehen. Der Dichter Freiligrath läßt die herrlich gedeihende Feldfrucht West-
falens sprechen:
Ich reif' und wachse mit Gewalt, Es singt ein Vöglein auf der Har,
Es trieft das Jahr von Segen; Am Elbstrom und am Maine,
Vollauf zu sätt'’gen jung und alt, Da liegt, der hier ein Pflüger war,
Reif' ich auf allen Wegen. Erschlagen auf dem Raine.
Doch weißt du nicht, o Wandersmann, Er war der Seinen Stolz und Lust,
Daß heuer mich nicht ernten kann, Ein Bruder schoß ihn in die Brust —
Wer frohen Mut's mich sä'te? Ich rausche leis' im Winde.
—Geee. —§— —— # § G §* – .G.—G§§GGG.“—§.
Beim Vormarsch von Eisenach südwärts erhielt Göbens Diovision auf die
Meldung, daß ein starkes bayrisches Korps bei Dermbach stehe, den Befehl,
nach links abzuschwenken, um den Feind zu vertreiben und die linke Flanke der
Armee zu sichern. Die andern Kolonnen setzten unterdessen den Marsch auf
Fulda fort. Von der bayrischen Armee waren durch General von der Tann
zwei Divisionen vorgeschoben worden, die andern beiden standen noch zurück
bei Kaltennordheim; eine starke Kavalleriekolonne sollte links über Fulda die
Verbindung mit dem von Gießen her anrückenden VIII. Bundeskorps suchen,
das sich zum Schlagen vorbereitete. Die bayrischen Kürassiere und Chevau-legers
stießen nun am 4. Juli bei Hünfeld unvermutet auf die preußische Vorhut
und gerieten hier durch Unvorsichtigkeit der vordersten Kürassierschwadronen,
die von reitender Artillerie begleitet waren, in ein überaus mißliches Gedränge.
Man hatte versäumt, einen Waldsaum zu untersuchen, und so kam es, daß der
erste wohlgezielte Schuß einer preußischen gezogenen vierpfündigen Batterie
den Gegner in heillose Verwirrung setzte. Die Granate krepierte am Helme
eines Kürassiers, streckte acht Mann und zehn Pferde tot nieder und brachte
die ganze Schwadron in Auflösung. Andre Abteilungen gerieten in Unordnung
und stürzten auf die nachfolgenden Regimenter, die zu meilenweiter Flucht
fortgerissen wurden. Auch hier trifft die Schuld nur die sorglose Führung;
denn die bayrische Kavallerie ist gut und hat sich bei späteren Gelegenheiten
als vorzüglich bewährt.
Rühnmlich schlug sich am 4. Juli die bayrische Infanterie bei Derm-
bach und Wiesenthal, wenn schon sie an beiden Orten von Göbens Brigaden
schließlich zurückgedrängt wurde. Die Dörfer und steilen Höhen mußten mit
großem Verlust für die Preußen erstürmt werden. Ein Mitkämpfer erzählt
darüber: „Am jenseitigen Abhange aber hörte das Feuer auf, gemütlich zu sein.
Als das Gebüsch zu Ende war und es nun auf den freien Abhang ging, wo
Granaten und Spitzkugeln nur so pfiffen, stutzten die Leute, von den Offizieren,
die vornweg waren, unbemerkt. Auf den Zuruf eines Unteroffiziers aber:
„Kerls, hat die erste Kompanie bei Düppel auch gestutzt?“ ging man lachend
aus dem Gebüsch hinaus.“ Gegen Abend versuchte der Feind noch einen An-
griff, der zwar abgewiesen wurde; doch zog Göben seine beiden Brigaden nach
Dermbach zurück, um sie nicht einem ungleichen Kampfe auszusetzen.
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