Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

Bei Aschaffenburg. 327 
Bei Aschaffenburg. Nachdem General Vogel von Falckenstein durch die 
Gefechte an der Fränkischen Saale erreicht hatte, was sein Plan gebot, wandte 
er sich unerwartet über den Spessart gegen Aschaffenburg. Diesen wichtigen 
Mainübergang zu verteidigen, wurde Feldmarschallleutnant Graf Neipperg 
uit der österreichischen Division, die zum Bundeskorps gestoßen war, und 
der großherzoglich hessischen, bei welcher sich auch ein kurhessisches Husaren= 
regiment befand, mit der Eisenbahn von Frankfurt aus gegen den preußischen 
Heeresteil unter Göben entsendet. Die hessen-darmstädtische Division stieß am 
13. Juli bei Fronhofen und Laufach auf die Brigade Wrangel. Diese 
behauptete sich aber gegen den viel stärkeren Gegner und wies auch einen 
am Abend erneuerten heftigeren Angriff in einer Verteidigungsstellung zu- 
rück, in welcher das Zündnadelgewehr aufs neue seine große Uberlegenheit 
über die Vorderlader des Gegners bewährte. Reihen von Gefallenen bezeugten 
das wackere Verhalten der Hessen. Ihre großen Verluste sollen dadurch ver- 
schuldet worden sein, daß sie, angeblich auf Grund der erhaltenen Befehle, 
geschlossen vorgegangen waren und ohne vorgeschickte Tirailleurs gegen den 
von den Preußen besetzten Wald geführt wurden. 
Von Aschaffenburg aus ging Neipperg der anrückenden Division unter 
Göben auf eine halbe Meile entgegen — mit einer Stadt und einem Fluß 
im Rücken, über den nur eine einzige Brücke führte. Solch ein Vorgehen gilt 
als militärischer Fehler, wenn der Sieg nicht ganz gewiß ist. Denn wird der 
Angreifende zurückgeworfen, so können seine Leute doch nicht mit einem 
Male durch die Stadt und über die Brücke kommen, der Feind stürmt nach, 
und ihm fallen dann zum mindesten zahlreiche Gefangene in die Hände. So 
auch hier. Die österreichische Artillerie zeichnete sich auch bei diesem Zu- 
sammenstoß aus und schoß vortrefflich. Die Hessen-Darmstädter gelangten 
nicht zu wirksamem Eingreifen in das Gefecht; nur eine ihrer Batterien kam 
zur Verwendung; außerdem nahmen einige Schwadronen kurhessischer Husaren 
und zwei Kompanien Hessen-Homburger an dem Kampfe teil. Besonders 
heftig ward um den Park gekämpft, der vor der Stadt nach den Spessart- 
ausläufern hin liegt. Hier standen zwei ungarische Bataillone, welche die 
preußischen Schützen mit wohlgezieltem Feuer empfingen. Diese stutzten einen 
Augenblick vor den „bleiernen Vögeln“, welche massenhaft in ihre Glieder 
flogen, warfen sich aber schnell zur Seite; hierdurch wurde es ihrem inzwischen 
schußfertig gewordenen Bataillon möglich, den Ungarn, die unter Trommel- 
schlag mit jauchzendem Eljenruf zum Bajonettangriff vorrückten, ein ver- 
heerendes, drei bis vier Minuten ununterbrochen andauerndes Schnellfeuer 
entgegen zu schicken. Das Eljen verstummte, der Trommelschlag bald auch, 
es waren ihrer so viele zu Boden gesunken, daß der mutige Angriff sich 
bald in Flucht nach den schützenden Baumgruppen des Parks verwandelte. 
Jetzt drangen drei Bataillone, das 13. Regiment, dorthin ein, starke Schützen- 
schwärme voran. 
„Hier sah man so recht“, schrieb nachher ein Offizier vom Korps des 
Generals von Göben, „wie brav, wie tüchtig unser Westfale als Soldat ist. 
Unsern Jungens war warm geworden, sie waren von Kriegswut entbrannt,
	        
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