Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

In Wien und in Paris. 353 
jedoch zuvor mit Osterreich über die Grundlagen zu einem baldigen Friedens- 
abschluß geeinigt haben müsse. Obenan stand als Bedingung: Osterreichs Aus- 
scheiden aus dem Deutschen Bunde. 
Die Preußen standen vor Wien. Napoleon mußte wohl daran denken, 
wie unwiderstehlich der Ehrgeiz seiner Franzosen zum Einzuge in die öster- 
reichische Hauptstadt hindrängen würde, wenn er sich an Stelle des sieg- 
reichen Königs Wilhelm befände. Diesen Einmarsch wollte er um jeden Preis 
verhütet sehen; daher erhielt sein Botschafter in Wien die Weisung, dem 
Kaiser Franz Joseph die Annahme jener von Preußen gestellten Bedingung 
anzuraten; zugleich ward der in das preußische Hauptquartier gesandte Graf 
Benedetti angewiesen, den sofortigen Friedensschluß dringlichst zu befürworten. 
In Nikolsburg angekommen, erhielt der französische Botschafter die Zusage, 
daß man preußischerseits zu Friedensverhandlungen gern geneigt sei, jedoch 
unter der Voraussetzung der Zustimmung des Königs von Italien sowie der 
Beistimmung Österreichs zu den oben erwähnten Grundlagen des Friedens. 
Noch an demselben Tage wurde in einem Entwurf dasjenige zusammengefaßt, 
was als Friedensunterlage dienen konnte. 
Napoleon wollte Preußen die Verfügung über die Streitkräfte Norddeutsch- 
lands zugestehen, aber von einem größeren Gebietszuwachs als der Einverleibung 
der Nordmarken in den preußischen Staat nichts wissen; die Besitzergreifung 
von Schleswig-Holstein sollte an die Bedingung geknüpft sein, daß die nörd- 
lichen Distrikte Schleswigs Dänemark zu überlassen seien, falls eine Volks- 
abstimmung die Wiedervereinigung mit letzterem verlange. Unterdessen hatte 
Graf Benedetti nach Paris gemeldet, König Wilhelm sei entschlossen, die 
französischen Vorschläge zu verwerfen, wenn nicht Osterreich von vornherein 
sein Einverständnis damit ausspreche, daß Preußen zur Herstellung eines 
besseren Zusammenhanges seiner Provinzen gewisse Gebietserweiterungen er- 
lange. Napoleon verstand sich schweren Herzens dazu, Osterreich auch die 
Annahme dieser Grundbedingung zu empfehlen. Er konnte sich nicht verhehlen, 
daß sich das französische Heer damals nicht in genügender Kriegsbereitschaft 
befand, und so ließ er sich fürs erste an dem wohlfeilen, aber laut ver- 
kündeten Ruhm genügen, als „Schiedsrichter von Europa“ die Herbeiführung 
des Friedens gesichert zu haben. 
Nachdem schon am 20. und 21. Juli über das Eintreten einer fünf- 
tägigen Waffenruhe verhandelt worden war, legten die Gegner am Tage des 
siegreichen Gefechtes von Blumenau, am 22., ihre Waffen nieder. Bereits 
am 26. folgte der Waffenstillstand, und an demselben Tage der Abschluß des 
Präliminarfriedens. · 
Abschluß des Waffenstillstandes von Nikolsburg. In Anwesenheit des als 
Bevollmächtigten des Königs von Italien eingetroffenen Grafen Barral 
wurden im Hauptquartier des Königs unter Leitung des Grafen Bismarck die 
Verhandlungen wegen der Friedenspräliminarien rasch zu Ende geführt: 
österreichischerseits beteiligten sich an denselben Graf Karolyi und General 
von Degenfeld. Auch zwischen Preußen und Italien erfolgte wegen des 
Friedens schnell eine diesem Abkommen entsprechende Verständigung. 
Vaterl. Ehrenbuch, II. 23
	        
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