36 Der erste dänische Krieg in den Jahren 1848—1850.
Von der Tann und sein kühner Zug.
Dieser kühne Kriegszug und der Erfolg, welchen von der Tann mit seinem
Freikorps am 6. Juni bei Hoptrup erstritt, bildet einen solchen Glanzpunkt
in der Trauergeschichte des ersten schleswig-holsteinischen Krieges, daß wir
seinen Verlauf etwas ausführlicher erzählen wollen.
Aus allen deutschen Gauen waren Anno 1848 hoffnungsvolle Jünglinge
als Freiwillige auf den Kriegsschauplatz geeilt. Da fragte keiner den andern
nach Stand und Namen, die Liebe zum Vaterlande vereinigte diese Freischaren.
Den Kalabreser mit der wallenden Feder auf dem Haupte, mit Büchse und
Hirschfänger bewaffnet, eilten sie auf den Kampfplatz. „Vorwärts für Deutsch-
land!“ war das Feldgeschrei. Locker war allerdings die Disziplin bei diesem
Freikorps, aber der Geist, der in ihm lebte, war kampflustig und jugendfrisch
und ist heute noch in Schleswig-Holstein unvergessen. Als die Diplomaten,
die so oft schon mit der Feder dasjenige verdarben, was der kräftige Mannes-
arm mit den Waffen errungen hatte, dem General von Wrangel ins Schwert
fielen und dieser sich infolgedessen aus dem eroberten Jütland zurückzog, verdroß
dies die Freischaren nicht wenig, vor allem den kühnen Anführer derselben,
von der Tann, der aus Begeisterung für die Sache des Deutschtums in
Schleswig-Holstein mit Erlaubnis seines Königs mit ins Feld gezogen war.
„Wer geht mit nach Nordschleswig und bringt den bedrohten Brüdern
Hilfe?" fragte derselbe seine kleine Schar, und 400 junge Männer schwuren,
ihn treu bis in den Tod auf dem gefährlichen Zuge zu begleiten.
Und vorwärts ging es.
Zuerst den 5000 Dänen entgegen, die bei Hoptrup in fester Stellung
standen. Die verwegene Schar war, damit man schneller vom Flecke kam, auf
fünfzig Wagen verteilt; vier kecke Gesellen setzten sich auf Bauernpferde und
bildeten so die berittene Vorhut. Sie lachten wohl selbst über ihre seltsame
Erscheinung, und die andern mit, aber einer Patrouille von sechs dänischen
Reitern verging das Lachen, als die vier Freischärler sie mutig angriffen;
fünf Dänen entflohen, der sechste wurde zu von der Tann als Kriegsgefangener
gebracht. Die Rolle der vier Berittenen war noch nicht zu Ende gespielt; von
der Tann schickte sie nach Westen, damit die Dänen glauben möchten, daß ein
deutsches Korps diese Richtung eingeschlagen habe, um sie zu umgehen. Die
List gelang. Die fünf flüchtenden dänischen Reiter hatten schon in übertriebener
Angst berichtet, daß ein mächtig großes deutsches Hilfskorps mit Munitions-=
kolonnen heranziehe. Aus verschiedenen Orten lief im dänischen Hauptquartier
die Meldung ein, daß die Deutschen nahten. Die Täuschung war begreiflich;
denn von der Tann marschierte im Zickzack vor. So verzehnfachte sich in dem
Ohre des dänischen Befehlshabers die kleine Schar.
Die Befürchtungen auf feindlicher Seite stiegen von Stunde zu Stunde.
Die dänischen Vorposten wurden zurückgezogen, und von der Tann brach bei
Nacht zwischen Hadersleben und Hoptrup in das Zentrum der dänischen Stel-
lung ein. Da verloren die Dänen vollends den Kopf. Zwar griffen sie die
Freischar mit Husaren an, diese machten jedoch, übel zugerichtet, bald kehrt.