Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

Von der Tann und sein kühner Zug. 37 
Von der Tann warf sich jetzt mit Ungestüm auf die dänischen Jäger; auch diese 
wichen. Unterdessen wurde es Tag, und mit Staunen und Beschämung er- 
kannten die Dänen, daß sie es nur mit einem Häuflein „deutscher Räuber“ zu 
thun hatten. Sie ließen zwei Geschütze auffahren und begrüßten die kecken 
Gesellen mit einer Lage Kartätschen, aber nur mit einer einzigen, denn im 
nächsten Augenblicke stürzten sich die todesmutigen Jünglinge auf die Kanonen 
und eroberten sie. Aufs neue griffen aber nun die dänischen Jäger in dichten 
Tirailleurketten an. Unerschrocken versuchte die Freischar den überlegenen Feind 
zurückzuwerfen. Nur 25 Mann blieben bei den eroberten Kanonen als Be- 
wachung. In gestreckter Karriere eilte eine dänische Schwadron herbei, die 
Geschütze wieder zu nehmen, aber sie wurde von 25 wohlgezielten Büchsen- 
kugeln empfangen und jagte in wilder 
Flucht zurück. Hierbei geriet sie zwi- 
schen die mit den Jägern kämpfenden 
Freischärler und wurde von Freund und 
Feind zum Teil niedergeschossen. Da 
ergriff die Dänen ein panischer Schreck, 
in schmählicher Flucht wichen sie dem 
Häuflein, welches, glühend vor Kampf- 
lust, den geliebten Führer zur Verfol- 
gung des Feindes aufforderte. Das wäre 
aber mehr als Thorheit gewesen, da bei 
Hadersleben ein starkes dänisches Korps 
stand. Eine Kanone (die andre konnte 
man wegen Mangel an Bespannung nicht 
weiter schaffen), drei Munitionswagen, 
18 Reitpferde und 35 Gefangene waren 
die Beute dieses gelungenen Hand- 
streichs, bei dessen Führung sich von der Tann die ersten kriegerischen Lor- 
beeren verdiente, deren er später noch so viele und ungleich größere ernten sollte. 
Über den Lebenslauf des tapferen bayrischen Kämpfers mögen einige 
nähere Angaben von unsern Lesern wohl willkommen geheißen werden. Denn 
seit den Tagen des russischen Feldzuges, wo General Deroy bei Polotzk den 
Tod in heißer Feldschlacht gefunden, ist der Name keines bayrischen Feldherrn 
volkstümlicher geworden als der unsres von der Tann, des nachmaligen sieg- 
reichen Heerführers der Bayern im Nationalkriege gegen Frankreich. 
Ludwig Samson Heinrich Arthur Freiherr von und zu der Tann 
wurde am 18. Juni 1815 zu Darmstadt im Hause seines Großvaters, des letzten 
Rathsamhausen, geboren. Er trat schon 1833 als Junker in das erste bay- 
rische Artillerieregiment und diente 1840 als Oberleutnant im Generalstab. 
Von Thatendrang getrieben, nahm er 1843, auf einer Reise nach Algier, unter 
General Bugeaud an einer Expedition gegen die aufrührerischen Stämme der 
Kabylen an der Grenze von Tunis teil. Seitdem erfreute sich der ebenso 
liebenswürdige als schneidige Offizier allgemeiner Achtung und Sympathien. 
Als das Jahr 1848 herankam, war er als Flügeladjutant des bayrischen 
  
Ludwig von der Tann-Rathsamhausen.
	        
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