Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

66 Preußen gegen die Umsturzbewegung. 
Der Prinz von Preußen traf am 13. Juni bei der unter seinem unmittelbaren 
Befehl stehenden Armeeabteilung ein, welche sich auf dem Marsche in der 
Richtung nach Kreuznach und Alzey befand. Wo immer auch der Prinz sich 
blicken ließ, überall schallte ihm ein vielstimmiges „Hurra“ entgegen. Schon 
nach den ersten Zusammenstößen mit dem Feinde in den Gefechten bei Hom- 
burg, Annweiler und Kirchheim-Bolanden war es möglich, Schlüsse auf den 
Verlauf des Feldzuges zu ziehen; die Aufständischen, deren Streitmacht damals 
auf 10000 Mann mit acht Geschützen angenommen wurde, wußten ihre Kräfte 
ebensowenig zu gebrauchen, als sie es verstanden, die Gunst des Terrains, das 
die Anwendung der Reiterei fast gänzlich ausschloß, auszunutzen. Die am 
17. Juni erfolgte Einnahme von Ludwigshafen konnte bereits als ein wich- 
tiges Ergebnis angesehen werden. Leider war durch die Beschießung dieses 
aufblühenden Ortes von Mannheim aus eine schöne, dem Rhein zugewandte 
neue Häuserreihe völlig zerstört worden. Die provisorische Regierung fühlte 
sich nun in Kaiserslautern nicht mehr sicher und flüchtete nach Neustadt an der 
Haardt. Aber auch hier war ihr keine lange Rast gegönnt. 
Die Bewegung in der Pfalz eilte rasch ihrem Ende zu. Am 18. fand die 
Entsetzung der braven bayrischen Garnison von Landau statt, welche nicht 
allein von Freischaren, sondern auch von der unzuverlässigen Bürgerschaft viel- 
fach bedroht und in Atem gehalten worden war; hierauf wurde die Umgegend 
von Germersheim von den Schwärmen der Freikorps gesäubert, und der 
bayrische General Fürst von Thurn und Taxis konnte nunmehr die wieder- 
gewonnene bayrische Rheinpfalz besetzen. 
Von Neustadt aus wurde jetzt der Kriegszustand über das Großherzogtum 
Baden verhängt. Als die provisorische Regierung die Gefahr immer näher 
rücken sah, beeilte sie sich, ihre Kassenbestände und sich selbst in Sicherheit zu 
bringen, und das Volksheer rückte mit einem unendlich langen Troß über die 
Brücke von Knielingen in Baden ein. Der Vortrab mit der Artillerie langte 
mittags in Karlsruhe an, das etwa noch 6000 Mann starke Korps unter Ge- 
neral Sznayde folgte am Abend; die Nachhut unter dem nunmehrigen General 
von Willich gelangte erst am Mittag des 19. zur Stadt. Bei letzterer befand 
sich auch Brentano, der Chef der Interimsregierung, sowie eine Hilfsschar aus 
Besangon und eine unübersehbare Menge von Bagagewagen. 
Für die einzelnen Abteilungen der preußisch -deutschen Operationsarmee 
war ein Vereinigungspunkt festgestellt. Das Hirschfeldsche Korps suchte Fühlung 
mit den am 21.längs des rechten Neckarufers angelangten Truppenteilen, sowie 
mit dem schon vorher dort eingetroffenen Peuckerschen Korps zu gewinnen, zu 
welchem Zwecke dasselbe bereits am 20. in aller Frühe den Rhein überschritten 
hatte, um die am Neckar stehenden badischen Streitkräfte von Süden her 
anzugreifen. Aber man fand den hier vermuteten Feind nicht und mußte sich 
damit begnügen, Bruchsal zu bedrohen und die nach diesem Orte führende Eisen- 
bahn zu zerstören. Am Abend des 22. befand sich das Korps schon drei Stunden 
südlich von Heidelberg, und indem es die noch zwischen ihm und dem Neckar 
stehenden Aufständischen zum schleunigsten Rückzuge nötigte, erleichterte es gleich- 
zeitig den zwischen dem Neckar und dem Odenwald heraneilenden Heeresteilen die
	        
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