68 Preußen gegen die Umsturzbewegung.
Heidelberg hin zurückzutreiben. Die Überbleibsel des geschlagenen Heeres suchten
darauf nach der Murg zu entkommen oder Rastatt zu gewinnen.
Unterdessen hatte auf dem Marsche nach Karlsruhe das badisch-pfälzische
Volksheer Verstärkungen herangezogen, und ein bei der Landeshauptstadt ge-
sammelter größerer Heerhaufe hatte versucht, zu demselben Zwecke den südwärts
marschierenden Kameraden die Hand zu reichen. Diese letztere Truppe stieß
am 23. Juni bei Upstadt auf das erste preußische Armeekorps, das sofort
seine Richtung änderte, um dem Feinde im Rheinthal zuvorzukommen. So ge-
schah es, daß jener Heerhaufen den vormarschierenden Kolonnen, bei welchen der
Prinz sich befand, in den Weg geriet und sich zum Kampfe genötigt sah.
Der Oberbefehlshaber konnte auch bei dieser Gelegenheit sich davon über-
zeugen, daß das Revolutionsfieber auf die Haltung seiner Trupvpen keinen
Einfluß erlangt hatte. Anderseits bemerkten die Soldaten mit Stolz, daß
ihr fürstlicher Feldherr willig jede Gefahr mit ihnen teilte, daß er im heftigsten
Feuer unerschrocken ausharrte, so daß seine Umgebung ihm mehrmals ernstliche
Vorstellungen machen mußte, sich als Oberbefehlshaber den augenscheinlichen
Gefahren etwas weniger auszusetzen. Besonders erfreute den Prinzen die sol-
datische Gesinnung der Füsiliere vom 29. rheinischen Infanterieregiment, welche
bei seinem Vorüberreiten das Lied: „Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine
Farben“ anstimmten; er reichte mehreren der Sänger freundlich die Hand, in-
dem er sie mit den Worten aufmunterte, mit Singen fortzufahren: „Ihr habt
ein gutes Recht, gerade dieses Lied zu singen, denn ihr habt euch als brave
Preußen geschlagen.“ Ein vielstimmiges Hurra war die Antwort auf diesen
Gruß des Oberfeldherrn.
Die Aufständischen hatten indessen trotz mehrfacher Niederlagen, und
wiewohl sie bisher immer nur in rückgängiger Bewegung sich befanden, den
Mut noch nicht verloren. Sie hielten am 24. bei Neudorf und Bruchsal
und am folgenden Tage bei Durlach, wenn auch ohne Erfolg, stand. Noch
immer 10 000 Mann stark, waren sie entschlossen, die durch ihre natürliche
Beschaffenheit zur Verteidigung besonders geeignete Murglinie mit Aufbietung
aller Kräfte zu halten.
Einzug in Karlsruhe. Die provisorische Regierung sah sich gleichwohl
genötigt, zum drittenmal ihr Heil in der Flucht zu suchen. Dem Vordringen
der Preußen nach Karlsruhe vermochte sie ein weiteres Hindernis nicht mehr
entgegenzusetzen, und so blieb ihr nur übrig, sich hinter die Mauern von Ra-
statt zurückzuziehen. Der Einzug der Sieger in die Hauptstadt erfolgte am
25. Juni mittags gegen drei Uhr. Von einem glänzenden Gefolge umgeben,
durchritt der Prinz von Preußen an der Spitze seiner Truppen die Straßen der
wieder aufatmenden Residenz und ließ, ehe er sich auf das großherzogliche
Schloß begab, seine braven Soldaten an sich vorüberziehen.
Mit der Besetzung der Hauptstadt Karlsruhe war jedoch die Bewältigung
des Aufstandes noch keineswegs bewirkt; der Weitermarsch sämtlicher Korps
richtete sich jetzt auf Rastatt.