362 Die Gesterreichisch- Augarische Monarchie. (Dec. 28—31.)
maßen zu entsprechen: der Kaiser bewilligt der Stadtgemeinde Pilsen
zur Erhaltung ihrer (czechischen) Communal-Mittelschule auf 3 Jahre
eine jährliche Staatssubvention von 6000 Gulden „unter Vorbehalt
verfassungsmäßiger Behandlung“. Unter den in jenem Memorandum
aufgestellten Forderungen spielt die Uebernahme czechischer Com-
munal-Mittelschulen auf das Reichsbudget eine hervorragende Rolle
umd diese Forderung der Czechen ist auch keine unbillige.
28. December. (Oesterreich.) Die Regierung scheint auch
in Oesterreich das Staatsbahnsystem ins Auge gefaßt zu haben:
Das Handelsministerium richtet an die Kronprinz-Rudolph-Bahn
folgenden Erlaß: „Nachdem die Kronprinz-Rudolph-Bahn während
der letzten fünf Jahre mehr als die Hälfte des garantirten Rein-
erträgnisses jährlich in Anspruch genommen hat, übernimmt die
Staatsverwaltung im Sinne des §. 4 des Gesetzes vom 14. Dec.
1877 den Betrieb der Bahn vom 1. Jannar 1880 ab.“
Das angezogene: Gesetz ist das sogenannte Sequestrationsgesetz. Es
bestimmt in § 42 „Die Regierung ist berechtigt, den B Betrieb #nrantiter
Eisenbahnen, welche für die letzten fünf Jahre mehr als die Hälfte des
garantirten Reinerträgnisses jährlich in Anspruch genommen haben, selbst zu
führen. Diese Berechtigung der Regiernnug erlischt, wenn die Unternehmung
durch drei anfeinanderfolgende Jahre nicht die Hälfle des garantirten Rein-
erträguisses in Anspruch genommen hat.“ Es handelt sich vorerst nicht um
die Uebernahme der gesanenten, Verwaltung der Wahe oder um einen Ankauf
derfelben im Sinne des *7 es Sequestrationsgesetzes, sondern lediglich um
die Uebernahme des Betrieb
30. December. —# Galizien.) Das Vorgehen der
Czechen findet Nachahmung. In Gemäßheit der auf dem letzten
ruthenischen Parteitage gefaßten Beschlüsse entscheidet sich der Aus-
schuß der „Rada russka“ für die Entsendung einer Deputation an
das Ministerium, welche ein Memorandum über die Durchführung
der Gleichberechtigung der Nationalitäten in Galizien überreichen
wird. Die Ruthenen verlangen damit gegenüber den Polen nur
dasselbe, was die Czechen gegenüber den Deutschen verlangen. Die
bisherige Allianz zwischen Czechen und Polen wird dadurch in Frage
gestellt.
31. December. Verlängerung des bestehenden Handels= resp.
Meistbegünstigungsvertrags mit Deutschland bis zum 30. Juni
1880, jedoch mit sehr wesentlichen Einschränkungen von Seite des
einen wie des andern Theils. (s. Deutschland.)