Full text: Preußische Gesetzsammlung. 1911. (102)

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(Nr. 11144.) Gesetz, betreffend die Beschulung blinder und taubstummer Kinder. Vom 
7. August 1911. 
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen r, 
verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monarchie, 
was folgt: 
¾ 1. 
Blinde Kinder, welche das sechste Lebensjahr, sowie taubstumme Kinder, 
welche das siebente Lebensjahr vollendet haben, unterliegen, sofern sie genügend 
entwickelt und bildungsfähig erscheinen, der Verpflichtung, den in den Anstalten für 
blinde und taubstumme Kinder eingerichteten Unterricht zu besuchen (Schulpflicht). 
Bei Kindern, welche in ihrer Entwickelung zurückgeblieben sind, kann der 
Beginn der Verpflichtung bis zu drei Jahren hinausgeschoben werden. 
Zu den taubstummen Kindern im Sinne dieses Gesetzes gehören auch 
stumme, ertaubte und solche Kinder, deren Gehörreste so gering sind, daß sie die 
Sprache auf natürlichem Wege nicht erlernen können und die erlernte Sprache 
durchs Ohr zu verstehen nicht mehr imstande sind. 
Zu den blinden Kindern gehören auch solche Kinder, die so schwachsichtig 
sind, daß sie den blinden Kindern gleichgeachtet werden müssen. 
Die Verpflichtung der Kinder ruht, solange für ihren Unterricht in aus- 
reichender Weise anderweit gesorgt ist. 
§2. 
Die Schulpflicht der blinden Kinder endet mit dem auf die Vollendung 
des 14., die der taubstummen Kinder mit dem auf die Vollendung des 15. Lebens- 
jahrs folgenden Jahresschulschlusse. « 
Kinder, welche das schulpflichtige Lebensalter in der Zeit bis einschließlich 
drei Monate nach dem Beginne des Schuljahrs vollenden, können ausnahms- 
weise schon an dem vorhergehenden Aufnahmetermin in die Schule aufgenommen 
werden. In diesem Falle kann ihre Entlassung nach achtjährigem Schulbesuch 
auch schon vor Erreichung des die Schulpflicht beendenden Lebensalters stattfinden. 
84. 
Uber den Eintritt der Schulpflicht beschließt in kreisfreien Städten die 
Schuldeputation, im übrigen nach Anhörung der Ortsschulbehörde die Schul- 
aufsichtsbehörde. 
85. 
Gegen diesen Beschluß steht den Eltern, dem gesetzlichen Vertreter sowie 
dem Kommunalverbande binnen zwei Wochen nach der Zustellung die Beschwerde 
zu. Uber die Beschwerde beschließt der Kreis= (Stadt.) Ausschuß. Zuständig ist
	        
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