Full text: Preußische Gesetzsammlung. 1911. (102)

— 169 — 
der Kreis-(Stadt-) Ausschuß, in dessen Bezirke die Eltern des Kindes ihren 
Wohnsitz haben, und in Ermangelung eines solchen derjenige, in dessen Bezirke 
sich der Wohnsitz des Kindes oder sein Aufenthaltsort befindet. 
Der Kreis-(Stadt-) Ausschuß hat vor der Beschlußfassung den Kommunal= 
verband und, soweit dies ohne erhebliche Schwierigkeiten geschehen kann, die 
Eltern und den gesetzlichen Vertreter zu hören; er kann auch andere Personen, 
insbesondere den Kreisarzt, den Leiter der zuständigen Taubstummen= beziehungs- 
weise Blindenanstalt, den Ortsschulinspektor, den Ortsgeistlichen, den Lehrer, den 
Gemeindevorsteher und andere zur Außerung auffordern oder als Sachverständige 
oder Zeugen, nötigenfalls eidlich, vernehmen. Im übrigen finden auf das Ver- 
fahren des Kreis-(Stadt-) Ausschusses die Bestimmungen der §#8. 115 bis 126 des 
Gesetzes, betreffend die allgemeine Landesverwaltung, vom 30. Juli 1883 sinn- 
gemäß Anwendung. 
Der Beschluß ist den Eltern, dem gesetzlichen Vertreter, der Schulaufsichts- 
behörde und dem verpflichteten Kommunalverbande zuzustellen. 
Die Beschwerde gemäß §# 121 des Gesetzes über die allgemeine Landes- 
verwaltung steht den im Abs. 3 Genannten zu, den Eltern und dem gesetzlichen 
Vertreter jedoch nur dann, wenn der Beschluß die Entscheidung der Schul- 
deputation beziehungsweise Schulaufsichtsbehörde aufrecht erhält. Die. Beschwerde 
hat aufschiebende Wirkung. 
86. 
Die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes der Schulpflicht unterliegenden 
taubstummen und blinden Kinder, für deren Unterricht nicht sonst in ausreichender 
Weise gesorgt wird, müssen vom Beginne der Schulpflicht an, in den Fällen 
des 9§ 5 nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, durch den Kommunal-= 
verband in einer Blinden= oder Taubstummenanstalt oder an einem Orte unter- 
gebracht oder belassen werden, von welchem aus sie eine unterrichtliche Veran- 
staltung der bezeichneten Art besuchen können. 
Verpflichtet ist der zur Fürsorge für das Blinden= und Taubstummen= 
wesen allgemein berufene Kommunalverband, in dessen Bezirke die Eltern des 
Kindes ihren Wohnsitz haben oder das Kind seinen Wohnsitz oder in Ermangelung 
eines Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat. Verlegen die Eltern des Kindes ihren 
Wohnsitz in den Bezirk eines anderen Kommunalverbandes, so geht die Ver- 
pflichtung auf diesen über. 
Die Entscheidung über die Unterbringung oder Belassung des Kindes liegt 
dem Kommunalverband ob. 
Deas Kind ist, soweit das in dem Bezirke desselben Kommunalverbandes 
möglich ist, in einer Anstalt seines Bekenntnisses unterzubringen. Wenn es nicht 
in der Anstalt wohnt, muß es tunlichst in einer Familie seines Bekenntnisses 
untergebracht werden. Dem Antrage der Eltern und des gesetzlichen Vertreters 
des Kindes auf anderweite Unterbringung ist tunlichst Folge zu geben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.