228 Nr. 98. Nevidirte Geschäftsordnung für den Bundesrath.
lichen Bestimmungen bestehen, welche den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen
Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen, oder die Maß-
regeln betreffen, die in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinsamen Voll-
grenze erforderlich sind (Art. 35 und 37 ebendafs.).
Nicht vertretene oder nicht instruirte Stimmen werden bei der Abstimmung nicht gezählt
(Art. 7 ebendas.).) Z„ ç ç
Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche nach den Bestimmungen dieser
Verfassung nicht dem ganzen Reich gemeinschaftlich ist, werden die Stimmen nur derjenigen
Bundesstaaten gezählt, welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist. (Art. 7 ebendaf.).)
7. Die Ordnung der Sitze und der Abstimmungen bei erfolgender Umfrage richtet
sich nach der Reihenfolge, in welcher die Bundesstaaten im sechsten Artikel der Reichsverfassung)
aufgeführt sind. Ein Bevollmächtigter, welcher die Stimmen mehrerer Bundesstaaten führt, hat
solche einzeln und in der gedachten Ordnung abzugeben.
II. Gegenstände der Berathung und geschäftliche Behandlung derselben.
8. 8. Die Mittheilungen des Reichstags gelangen an den Reichskanzler und werden von
diesem dem Bundesrath in dessen nächster Sitzung vorgelegt.
9. Anträge der einzelnen Bundesstaaten, welche sich nicht etwa im Verlaufe der Dis-
kussion eines auf die Tagesordnung gesetzten Gegenstandes entwickelten, sind von dem Bevoll-
mächtigten dem Reichskanzler schriftlich zu übergeben und werden von diesem auf die Tages-
ordnung der nächsten Sitzung gebracht oder, wenn sie sich auf eine, bereits einem Ausschuß
überwiesene Vorlage beziehen, diesem Ausschuß vorgelegt.
An den Bundesrath gerichtete Eingaben werden von dem Reichskanzler,
sofern er es nicht für angemessen erachtet, dieselben auf die Tagesordnung der
nächsten Sitzung zu bringen, dem zuständigen Ausschusse vorgelegt.") Der Reichs-
kanzler kann jedoch Eingaben, die unzweifelhaft nicht zum Geschäftskreise des Bundesraths ge-
hören, sofort selbst in geeigneter Weise erledigen und Beschwerden, aus denen nicht erhellt, daß
der geschliche Instankenzug erschöpft ist, zur Zeit zurückweisen.
on der ohne Vortrag im Bundesrath erfolgten Ueberweisung von Anträgen und Ein-
gaben an die Ausschüsse wird dem Bundesrath in der nächsten Sigung Anzeige gemacht.
8. 10. Die auf Grund des §. 66 al. 2 des Gesetzes vom 31. März 1873, betreffend die
Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten (Reichs-Gesetzbl. S. 61),2) eingehenden Rekurse werden von dem
Vorsitzenden, ohne Vortrag im Plenum, unmittelbar dem Ausschuß für Justizwesen überwiesen.
Der Vorsitzende dieses Ausschusses ernennt den Referenten, welchem die einschlagenden
Aten mit einer Aeußerung der obersten Reichsbehörde, welche die Entscheidung getroffen hat,
mitgetheilt werden. **“ó
Ueber die Beschlußnahme des Ausschusses ist ein Protokoll abzufassen, welches die für
maßgebend erachteten thatsächlichen und rechtlichen Momente, unter gleichzeitiger Angabe des
stattgehabten Stimmverhältnisses, enthält. ...
Der Bericht des Ausschusses an den Bundesrath wird in der Regel mündlich erstattet.
§. 11. Anträge einzelner Bundesstaaten, welche eingehen, wenn der Bundesrath nicht
versammelt ist, werden, sofern nicht eine andere Art der Geschäftsbehandlung von dem den An-
trag stellenden Staate ausdrücklich gewünscht wird, sofort gedruckt, vertheilt und dem für den
Gegenstand des Antrages zuständigen Ausschuß überwiesen.
Eingaben, welche eingehen, wenn der Bundesrath nicht versammelt ist, werden ebenfalls
dem zuständigen Ausschuß vorgelegt, sofern der Reichskanzler dieselben nicht nach Maßgabe
des §. 9 sofort selbst erledigt oder zur Zeit zurückweist.
Eine Uebersicht der in solcher Weise behandelten Anträge und Eingaben wird dem Bundes-
rath bei dessen nächstem zusammentreten vorgelegt. Z Z
8. 12. Um die Beschlußnahme thunschst u beschleunigen, werden die Regierungen so
weit möglich ihre Anträge schon vor Beginn der Session des Bundesraths einbringen und ihre
Bevollmächtigten im voraus mit ausreichender Instruktion versehen.
Wird die Aussetzung einer Abstimmung beantragt, so entscheidet der Bundesrath über
diesen Antrag, eventuell über den Tag, an welchem die ausgesetzte Abstimmung erfolgen soll.
III. Ordnung des Geschäftsganges in den Sitzungen.
8. 13. Die Sitzungen des Bundesraths werden vom Reichskanzler anberaumt. Die
Einladungen werden den Bevollmächtigten, vorbehaltlich ganz dringender Fälle, svätestens am
Tage vor der Sitzung zugestellt. Sie enthalten die Adresse der Bevollmächtigten, die Zeit der
Sitzung und, soweit als möglich, die Gegenstände der Berathung. Soll eine Wahl für einen
Ausschuß vorgenommen werden, so muß dies in der Einladung ausdrücklich bemerkt sein.
1) Oben S. 9. ) Oben S. 5. „) Oben S. 4. 9) Dieser Satz ist durch Beschl. v.
31. Jan. 1895 (Prot. §. 67, Drucks. v. 1894, Nr. 89) eingefügt worden. 5) Oben S. 136.