210 Nr. 110. Befeg, betreffend den Austritt aus ber Kirche.
Strafe oder Zuctmittel gegen Peib, Vermögen, Üreiheit oder bürgerlihe Ehre fint
unzuläffig.
($ 2. Die nab $ 1 zuläffigen Straf. oder Zudtmittel dürfen über ein Mitglied
einer Kirche oder Religionsgefellibaft nicht veahalb verhängt oder verfündet werben:
1. weil dasfelbe eine Hanklung vorgenommen bat, zu welder die Etaatögefege
oder die von der Dbrigfeit innerhalb ihrer gefeglihen Zuftändigfeit erlaflenen
Anordnungen verpflichten;
2. weil dasfelbe öffentlihe Wahl- oder Stimmrehte in einer beftimmten Richtung
ausgeübt oder nicht ausgeibt bat.
53. Cbenfowenig dürfen derartige Strafe oder Zuchtmittel angebroht, verhängt
oder verfündet werben:
1. um dadurd zur Unterlaflung ciner Handlung zu beftimmen, zu \welder die
Staatögejee oder die von der Obrigfeit innerhalb ihrer gefeglihen Zufländig-
feit erlafienen Anordnungen verpflichten;
2. um taburcd die Ausübung oder Nictautühung öffentliher Wahl- und Stimm
rechte in beftimmiter Richtung herbeizuführen.
$ 4. Die Verhängung ver nah diefem Gefege zuläffigen ESirafe und Zudtmittel
darf nicht öffentlich bekannt gemadt werden.
Eine auf die Gemeintemitglieder kefhränfte Diitteitung ift nicht ausgefhloflen.
Die Vollziehung oder Berfündung derartiger Strafe oder Zuchtmittel darf aud nicht
in einer befhimpfenden Weife erfolgen.
85. Geiftlie, Diener, Yeamte oder Beauftragte einer Kirche oder Religionsgejell »
fhaft, weldhe den Vorfhrijten diefe® Gefeges (KH 1— 4) zumider Straf oder Zudtmittel
androßen, verhängen oder verfünden, werden mit ©elpftrafen bis zu 200 Talern ober
mit Haft oder mit Gefüngnis bis zu einem Jahre und in fhweren Fällen mit Geldftrafen
bis zu 500 Zalern oder mit Gefängnis bi® zu zwei Yahren beftraft,
86. Die befonderen Disziplinarbefugnifle der Kirhen oder Religionsgefellihaften
über ihre Diener und Beamten und die darauf bezüglihen Nechte des Staates werben
duch diefes Gefeg nit berührt.
Insbefonvere findet das dem Staat in folhen Gefegen vorbehaltene Net der Ent-
lafjung von Kirhendienern wegen Verlegung der öffentlihen Orbnung unabhängig von
den ım $ 5 enthaltenen Strafbeftimmungen ftatt.) !)
Urkmdlib unter Unferer Höcfteigenbändigen Unterfhrift und beigedrudtem König-
lihen Infiegel.
Gegeben Berlin, den 13. Mai 1873.
(I. 8. Wilhelm.
Graf dv. Roon. Kürft v. Bismard. Graf vd. Inenptig Graf u Eulenburg.
Leonhardt. Camphaufen. Fall. v. Kamefe. Graf v. Königsmard.
Nr. 110. Geieb, betreffend den Austritt aus der Kirche.
Dom 14. Mai 1873.
(GE. 1873 €. 207.]2)
Kir Wilhelm, von Gottes Gnaren König von Preußen ıc. ıc.
verordnen, mit Zuftimmung beiter Häufer des Landtages, für den Umfang der Monardie,
einfhließlih de® Yadegebietes, mas folgt:
$1. Der Austritt ans einer Kirche’) mit bürgerliher Wirkung erfolgt durh Er-
Härung des Austretenden in Perfon vor dem Richter feines Wohnortes.
1) Tie befonderen Berbotd- und „Strafbeftinmungen der 88 2—6 find aufgehoben durdy
ei. vom 29. April 16987 18E. 127) 9
2) Siehe dazu die Anitruftion vom s Ali 1573 im JM. S. 183.
.6. s) Über deu Austritt aus einer jüdiichen "Spnagogengemeinde fiehe Gelep vom 28. Juli 1876
( 353 I).