Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Absichten für die Vermählung Friedrichs II. 97 
bach, der eine untergeordnete Rolle spielte, sich aber als den Dritten 
in diesem Bunde betrachtete, gab auch seinerseits an, was dem König 
zur Unterstützung seiner Berichte mündlich beigebracht werden müsse. 
Ihr System war, dem König vorzustellen, daß England nur damit 
umgehe, Preußen wie eine Provinz zu behandeln, und eine solche 
Partei um ihn her zu bilden, daß er die Hände nicht regen könne. 
Vorstellungen, für welche Friedrich Wilhelm ohnehin im höchsten 
Grade empfänglich war. 
Er wollte auch deshalb eine englische Schwiegertochter lieber ver- 
meiden, weil er sonst in seinem Hause nicht mehr Herr zu bleiben 
fürchtete; vielleicht werde sie mehr bedeuten wollen, als er selber; 
man werde ihn umbringen durch Verdruß, mit kleinem Feuer. 
Vergleichen wir diese von beiden Seiten um den König geschäftige 
Intrigue; so ist der Unterschied, daß die eine, die in seiner eigenen 
Familie, was die Absicht anbelangt, sich entschuldigen ließ, denn ihr 
erstes und letztes Ziel war das Zustandebringen der Heirath; der 
König vermuthete wenigstens eine Neigung dazu, und fuhr mit Ge- 
waltsamkeiten dazwischen, welche Haus und Stadt erschreckten und in 
ganz Europa wiederhallten: dagegen war die andere bei weitem ernst- 
licher; sie hatte den bestimmten Zweck, Preußen bei dem einmal er- 
griffenen politischen System in jeder Beziehung zu fesseln, und von 
England ferne zu halten. Von dieser hatte der König keine Ahnung: 
was ihm Reichenbach schrieb, oder Grumbkow hinterbrachte, nahm er 
ohne allen Verdacht hin. 
Nicht eben günstig standen dergestalt die Sachen in Berlin, als 
man in England jenen Entschluß faßte, zu einer förmlichen und of- 
ficiellen Unterhandlung zu schreiten. Der englische Hof wußte es 
wohl, aber er dachte zugleich die ganze Cabale, die den König um- 
Lab, zu sprengen. 
Um die Absicht zu würdigen, muß man sich die damalige Lage 
der großen Angelegenheiten vergegenwärtigen. Im Frühjahr 1730 
machte England die ernstlichsten Veranstaltungen zur Ausführung des 
Vertrages von Sevilla. Die Spanier wurden aufgefordert, ihre 
Truppen, wie der Tractat ihnen zugestand, nach Italien hinüber- 
zuführen und die festen Plätze, von denen die Rede war, zu besetzen. 
Der König von England versprach die ihm durch den Vertrag auf- 
erlegten Verpflichtungen pünktlich zu erfüllen und das Unternehmen 
zu unterstützen. Um nun aber den Widerstand des Kaisers hiegegen 
zu lähmen, hielt man für das geeignetste Mittel, ihn in seinen Erb- 
landen zu bedrohen; ihn in den Niederlanden anzugreifen, erachtete man 
v. Nanke's Werte XXVII. XXVII.
	        
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