100 Fünftes Buch. Viertes Capitcl.
klagte sich über Reichenbach, der Mangel an Ehrerbietung gegen den
König von Großbritannien an den Tag lege, und zwar in Briefen,
deren Originalien man würde vorlegen können. Friedrich Wilhelm
fühlte sich versucht, nach der Art und Weise zu fragen, wie man zu
diesen Briefen gekommen sei; doch überwog in ihm diesmal eine nach-
giebige Stimmung und er ging darüber hinweg. Er sagte, wenn
Reichenbach in England unangenehm sei, so sei er auch unnütz da-
selbst, und bewilligte ihn abzurufen.
Die Hauptsache aber war nun der Antrag über die Vermählung.
Hotham begann damit, daß er im Namen seines Königs und Herrn
um die älteste preußische Prinzessin für den Prinzen von Wales
förmlich ansuchte. Friedrich Wilhelm erwiederte, es sei ihm lieb und
angenehm. Doch war das nur die eine Seite des englischen An-
trags. Hotham fuhr fort, der König von Großbritannien wünsche
sich noch enger mit dem preußischen Hause zu verbinden: einverstanden
mit der ganzen Nation, die das sogar für nothwendig halte, habe er
eine seiner Prinzessinnen für den preußischen Kronprinzen bestimmt:
er habe deshalb einige Vorschläge zu machen.
Und diese Vorschläge nun, die er sogleich mittheilte, schienen
Alles zu enthalten, was man am preußischen Hofe nur immer wün-
schen konnte.
Georg II erbot sich, die Prinzessin, mit welcher sich der Kron-
prinz von Preußen vermähle, zur Statthalterin seiner kurbraunschweig-
lüneburgischen Erblande zu ernennen; ihr Gemahl, der Kronprinz,
würde dann mit ihr in Hannover residiren, ebenso bedient und unter-
halten werden, wie er selbst, wenn er zugegen wäre, und zwar auf
seine Kosten.
Der Antrag sah noch großmüthiger aus, als er war. Man
behielt sich vor, daß der Kronprinz die Kosten seines Hofhaltes nach
seiner Thronbesteigung wieder erstatten, überdies sich aber verpflichten
sollte, jederzeit auf den ersten Ruf nach England hinüberzukommen.
Das ließ man jedoch unerwähnt, und unleugbar ist, daß die ganze
Eröffnung den dringenden Wunsch einer freundlichen Annäherung
ausdrückte, und eine Erweiterung des preußischen Einflusses in sich
schloß. Man sah an den Mienen des Königs, daß sie ihn über-
raschte und ihm ein gewisses Vergnügen machte.
Doch besaß er Zurückhaltung genug, um nicht sogleich darauf
einzugehen. Er sagte, da in dem Schreiben seiner Gemahlin von
der Vermählung des Kronprinzen nicht die Rede gewesen, und dies