Fluchtversuch des Kronprinzen. 111
aber Jedermann wußte es: gegen einen Verwandten Katte's, der ihm
einen Brief von diesem brachte, und den er zu gewinnen hoffte,
äußerte er sich sehr unvorsichtig, so daß derselbe die Umgebung des
Prinzen, namentlich den mit der unmittelbaren Ausfsicht betrauten
Oberstlieutenant Nochow warnte, und die Aussicht um so strenger
wurde 1); nur Eins gelang ihm: er brachte einen Pagen, der den
König begleitete, Bruder des Lieutenant von Kait, eben durch die
Erinnerung an dessen Beispiel, auf seine Seite, und dieser versprach
ihm seine Hülfe.
Vielleicht würde aber doch die Sache noch unterblieben sein,
wäre nicht zu Feuchtwangen wieder eine Scene häuslichen Haders
vorgefallen, wo ihn der Vater bei einem geringen Anlaß heftig
anfuhr 2).
Dem Prinzen trat vor die Seele, was er, da Jedermann gegen
ihn zu sein, die Umgebung des Königs denselben recht mit Absicht
gegen ihn zu stimmen schien, künftigen Herbst in den trüben Tagen
zu Wusterhausen zu erfahren haben werde; man gelangte nun in die
Gegenden, wo sich die französische Grenze am leichtesten erreichen
ließ: Friedrich beschloß es zu wagen.
Er schrieb an Katte, er möge die Sachen nur vorausschicken,
und Alles vorbereiten, um bei der Nachricht, daß er, der Prinz, weg-
gegangen, sofort zu Pferde sitzen und ihn einholen zu können; er
nannte ein Schloß des Grafen Nothenburg in Frankreich, wo er ihn
treffen werde. Dem ältern Kait in Wesel schrieb er, er möge sich
nach dem Haag begeben und in der Stille anfragen, ob sie später
baselbst Aufnahme finden würden; der jüngere ging ihm bei den zu
seinem Entkommen nöthigen Anstalten an die Hand.
Die Gelegenheit, die sie ergreifen wollten, war folgende.
Das letzte Nachtquartier vor Mannheim nahm der König nicht
weit davon, in einem Dorfe, mit Namen Steinfurt. Noch ging Alles
sehr einfach her. In dem Dorfe lagen ein paar Scheunen einander
gegenüber: in der einen wurde dem König, in der andern dem
Prinzen das Nachtlager aufgeschlagen. Beim Schlafengehen sagte der
König, er denke am nächsten Morgen nicht wie gewöhnlich um drei,
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1) „Er avertire ihn als ein guter Freund, er möge auf seinen hohen
Untergebenen ein wachsames Auge haben.“
Wie Katte aus einem Briefe des Kronprinzen angiebt (Verhör am
30. Aug.) „bei Gelegenheit daß er ein Messer von der Markgräfin an die
Erde fallen lassen“.