Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Fluchtversuch des Kronprinzen. 111 
aber Jedermann wußte es: gegen einen Verwandten Katte's, der ihm 
einen Brief von diesem brachte, und den er zu gewinnen hoffte, 
äußerte er sich sehr unvorsichtig, so daß derselbe die Umgebung des 
Prinzen, namentlich den mit der unmittelbaren Ausfsicht betrauten 
Oberstlieutenant Nochow warnte, und die Aussicht um so strenger 
wurde 1); nur Eins gelang ihm: er brachte einen Pagen, der den 
König begleitete, Bruder des Lieutenant von Kait, eben durch die 
Erinnerung an dessen Beispiel, auf seine Seite, und dieser versprach 
ihm seine Hülfe. 
Vielleicht würde aber doch die Sache noch unterblieben sein, 
wäre nicht zu Feuchtwangen wieder eine Scene häuslichen Haders 
vorgefallen, wo ihn der Vater bei einem geringen Anlaß heftig 
anfuhr 2). 
Dem Prinzen trat vor die Seele, was er, da Jedermann gegen 
ihn zu sein, die Umgebung des Königs denselben recht mit Absicht 
gegen ihn zu stimmen schien, künftigen Herbst in den trüben Tagen 
zu Wusterhausen zu erfahren haben werde; man gelangte nun in die 
Gegenden, wo sich die französische Grenze am leichtesten erreichen 
ließ: Friedrich beschloß es zu wagen. 
Er schrieb an Katte, er möge die Sachen nur vorausschicken, 
und Alles vorbereiten, um bei der Nachricht, daß er, der Prinz, weg- 
gegangen, sofort zu Pferde sitzen und ihn einholen zu können; er 
nannte ein Schloß des Grafen Nothenburg in Frankreich, wo er ihn 
treffen werde. Dem ältern Kait in Wesel schrieb er, er möge sich 
nach dem Haag begeben und in der Stille anfragen, ob sie später 
baselbst Aufnahme finden würden; der jüngere ging ihm bei den zu 
seinem Entkommen nöthigen Anstalten an die Hand. 
Die Gelegenheit, die sie ergreifen wollten, war folgende. 
Das letzte Nachtquartier vor Mannheim nahm der König nicht 
weit davon, in einem Dorfe, mit Namen Steinfurt. Noch ging Alles 
sehr einfach her. In dem Dorfe lagen ein paar Scheunen einander 
gegenüber: in der einen wurde dem König, in der andern dem 
Prinzen das Nachtlager aufgeschlagen. Beim Schlafengehen sagte der 
König, er denke am nächsten Morgen nicht wie gewöhnlich um drei, 
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1) „Er avertire ihn als ein guter Freund, er möge auf seinen hohen 
Untergebenen ein wachsames Auge haben.“ 
Wie Katte aus einem Briefe des Kronprinzen angiebt (Verhör am 
30. Aug.) „bei Gelegenheit daß er ein Messer von der Markgräfin an die 
Erde fallen lassen“.
	        
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