120 Fünftes Buch. Fünftes Capitel.
dadurch habe er das Verbrechen der beleidigten Majestät begangen,
und sich des Todes durch das Schwert schuldig gemacht; würde er
ihn schonen, so würde er sich in Zukunft auf Niemand mehr ver-
lassen können, der in Eid und Pflicht bei ihm stehe. Katte wandte
sich noch einmal in einem ausführlichen Schreiben an des Königs
Gnade. Er klagt sich darin jugendlicher Unbedachtsamkeit und Ver-
irrung an, doch sein Wahn, frei von versteckten Absichten, sein durch
Liebe und Mitleiden eingenommenes Herz rufe um Erbarmen: ein
verdorrender Baum werde noch eine Weile geschont, er aber werfe
schon wieder neue Knospen der Treue und Unterthänigkeit. Der
König jedoch blieb unerbittlich; er ließ ihm sagen, es sei besser, daß
er sterbe, als daß die Gerechtigkeit aus der Welt komme. Er hatte
in seinem harten Sinn festgesetzt, daß Katte auf der Festung von
Cüstrin, vor des Prinzen Augen, mit dem Schwert vom Leben zum
Tode gebracht werden sollte.
Dies sein Gebot ward vollzogen am 6. November.
Früh am Morgen erfuhr Friedrich, was ihm zu sehen bevor-
stand. Er forderte, man möge innehalten und durch eine Staffette
dem König melden, daß er, der Prinz, dem Tod oder der Entsagung,
oder was schlimmer als beides, dem ewigen Gefängniß sich unter-
werfen wolle, wenn der Freund verschont werde. Wer hätte es aber
wagen können, der schlechthin befohlenen und schon beginnenden
Execution Einhalt zu gebieten? Um sieben Uhr zog ein Commando
der Garnison auf dem Wall auf, und stellte sich im Kreis um die
bestimmte Richtstätte; bald darauf führte ein Commando von den
Gensd'armes der Garde, bei denen Katte gestanden, den Verurtheilten
herbei. Sowie Katte erkannte, daß er keine Begnadigung hoffen
dürfe, hatte er sein ganzes Gemüth dem Troste der Religion geöffnet:
der Prediger hatte ihn überzeugt, daß er zur Rettung seiner Seele
diesen sauern Weg geführt werde; jetzt erschien er gefaßt und muthig.
Es ist ganz wahr, daß die Richtstätte sich unmittelbar unter den
Fenstern des Prinzen befand, über der Mühlenpforte bei der Wache?).
Katte stand schon in der Mitte des Kreises, und man wollte eben
sein Urtheil verlesen, als der Prinz, der am Fenster erscheinen mußte,
ihm zurief, er möge ihm verzeihen. Katte antwortete: er wisse von
1) Bericht des General Lepel am 8. Nov. „Die Execution ist vor seinen
(des Prinzen) Augen verrichtet worden und hat der Katte nachdem er sich
entblößet das Gesicht gegen ihn gekehret worüber der Kronprinz in Ohnmacht
gefallen, und der Capitän zutreten und ihn halten müssen.“