Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

120 Fünftes Buch. Fünftes Capitel. 
dadurch habe er das Verbrechen der beleidigten Majestät begangen, 
und sich des Todes durch das Schwert schuldig gemacht; würde er 
ihn schonen, so würde er sich in Zukunft auf Niemand mehr ver- 
lassen können, der in Eid und Pflicht bei ihm stehe. Katte wandte 
sich noch einmal in einem ausführlichen Schreiben an des Königs 
Gnade. Er klagt sich darin jugendlicher Unbedachtsamkeit und Ver- 
irrung an, doch sein Wahn, frei von versteckten Absichten, sein durch 
Liebe und Mitleiden eingenommenes Herz rufe um Erbarmen: ein 
verdorrender Baum werde noch eine Weile geschont, er aber werfe 
schon wieder neue Knospen der Treue und Unterthänigkeit. Der 
König jedoch blieb unerbittlich; er ließ ihm sagen, es sei besser, daß 
er sterbe, als daß die Gerechtigkeit aus der Welt komme. Er hatte 
in seinem harten Sinn festgesetzt, daß Katte auf der Festung von 
Cüstrin, vor des Prinzen Augen, mit dem Schwert vom Leben zum 
Tode gebracht werden sollte. 
Dies sein Gebot ward vollzogen am 6. November. 
Früh am Morgen erfuhr Friedrich, was ihm zu sehen bevor- 
stand. Er forderte, man möge innehalten und durch eine Staffette 
dem König melden, daß er, der Prinz, dem Tod oder der Entsagung, 
oder was schlimmer als beides, dem ewigen Gefängniß sich unter- 
werfen wolle, wenn der Freund verschont werde. Wer hätte es aber 
wagen können, der schlechthin befohlenen und schon beginnenden 
Execution Einhalt zu gebieten? Um sieben Uhr zog ein Commando 
der Garnison auf dem Wall auf, und stellte sich im Kreis um die 
bestimmte Richtstätte; bald darauf führte ein Commando von den 
Gensd'armes der Garde, bei denen Katte gestanden, den Verurtheilten 
herbei. Sowie Katte erkannte, daß er keine Begnadigung hoffen 
dürfe, hatte er sein ganzes Gemüth dem Troste der Religion geöffnet: 
der Prediger hatte ihn überzeugt, daß er zur Rettung seiner Seele 
diesen sauern Weg geführt werde; jetzt erschien er gefaßt und muthig. 
Es ist ganz wahr, daß die Richtstätte sich unmittelbar unter den 
Fenstern des Prinzen befand, über der Mühlenpforte bei der Wache?). 
Katte stand schon in der Mitte des Kreises, und man wollte eben 
sein Urtheil verlesen, als der Prinz, der am Fenster erscheinen mußte, 
ihm zurief, er möge ihm verzeihen. Katte antwortete: er wisse von 
1) Bericht des General Lepel am 8. Nov. „Die Execution ist vor seinen 
(des Prinzen) Augen verrichtet worden und hat der Katte nachdem er sich 
entblößet das Gesicht gegen ihn gekehret worüber der Kronprinz in Ohnmacht 
gefallen, und der Capitän zutreten und ihn halten müssen.“
	        
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