Aufenthalt Friedrichs in Cüstrin. 123
Auch sie mußten einen Eid schwören, — bei dessen Ablegung sie er-
zitterten, — daß sie nur Einen Gott anerkennen wollten, und Einen
König, Friedrich Wilhelm als ihren Herrn.
In deren ausschließendem Umgang sollte der Prinz in Cüstrin,
auf dessen Ringmauern er beschränkt war, noch eine strenge Schule
durchmachen.
Des Königs Gedanke war schon immer gewesen, ihn in der
Verwaltung arbeiten zu lassen: denn ein Fürst, der nichts von Ad-
ministration und Oeconomie verstehe, gerathe in die Hände der Günst-
linge und werde verachtet.
Den Tag nach jener Eidesleistung ward der Prinz in die Kriegs-
und Domänenkammer in Cüstrin eingeführt. An einem untenan ge-
stellten Tisch nahm er als Auscultator mit einem der beiden Kammer=
junker Platz 1). Hier sollte er alle Tage von sieben bis halb zwölf,
und von drei bis fünf Uhr arbeiten; wir finden die Protocolle der
Sitzungen von ihm ebenfalls untenan hinter den Räthen unterzeich-
net; in den spätern Stunden sollten dann der Präsident Münchow,
oder der Director Hille ihn über die Kammersachen, die er noch nicht
verstehe, unterrichten. Er sollte keine Briefe schreiben, auch nicht an
seine Geschwister, nur in bestimmten Zeitabschnitten an König und
Königin; Musik weder machen noch auch nur hören, Fremde so wenig
wie möglich sehen, und nie sollte Jemand von Politik mit ihm
sprechen; nur von Gottes Wort und der Landesverfassung durfte die
Rede sein. Von allen Büchern der Welt wurden ihm nur drei ge-
stattet, die deutsche Bibel, das Gesangbuch und Arndts wahres
Christenthum; habe er noch Zeit übrig, so könne man ihm die alten
Papiere des Markgrafen von Cüstrin, Bruder Joachims II, eines der
ersten deutschen Fürsten, welche echten Sinn für Staatshaushaltung
entwickelt haben, aus dem Archiv vorlegen, die möge er studiren 2).
Der König verwarf den Vorschlag, den ihm Münchow und Hille
machten, dem Kronprinzen wenigstens einige Bücher über Finanzen
Hoheit vorgesetzt, um zu Cüstrin bei ihm zu seyn, und auf ihn Achtung zu
eben
1) Das erste Protokoll einer Sitzung in seiner Gegenwart ist vom
20. Nov. Darin kam eine Beschwerde des Herzogs von Merseburg über ein
Verbot sächsischer Waaren besonders Tücher in Frankfurt a. d. O. vor.
2) „Wenn er mehr Lust zu lesen hat, sollen sie ihm aus dem Cüstrinschen
Archiv die Schriften und Documente der alten Verfassung des Markgrafen
Hans holen lassen, da er sich mit Lesen dieser nützlichen Sachen divertiren
kann: wenn er das ganze Archiv ausgelesen, soll Wolden darüber berichten.“