126 Fünftes Buch. Fünftes Capitel.
Sprache zu machen ließ er sich nicht nehmen, selbst wenn man ihm
sagte, daß sich das für ihn nicht schicke: es sind deren noch übrig,
worin er sich über seine Widerwärtigkeiten tröstet, nicht ohne Spuren
von einem Geist, dem diese Ausdrucksweise einmal zur andern Natur
werden sollte. Man nahm mit Erstaunen wahr, wie so ganz der
Geschmack ihn daran beherrsche: Hille meint, eine epigrammatische
Wendung mache dem Prinzen mehr Vergnügen, als der einfache ge-
sunde Menschenverstand, mit weisen Lehren erreiche man nichts beie
ihm, man müsse ihm die lächerliche Seite der Dinge zeigen 1). Friedrich
hat wohl selbst seinen Zustand durch scherzhafte Ordres ironisirt, die
mit allen Förmlichkeiten des Kanzleistyls abgefaßt sind.
Seine Umgebung, die in ihm immer den Prinzen erblickte, ihren
künftigen Herrn, sah ihm Alles nach, was mit den strengen Befehlen,
die der König gegeben hatte, irgend zu vereinigen war.
Auch Grumbkow näherte sich: da der Prinz und seine Gesell-
schaft einige Mal fehlgegriffen, gab er endlich an, was man von
Cüstrin aus an den König in ostensiblen Briefen und an ihn selbst
zu schreiben habe.
Hierauf, und nachdem nun auch ein Jahr der Buße vergangen,
entschloß sich der König, seinen Sohn wiederzusehen. Die Zusammen-=
kunft fand im Regierungsgebäude zu Cüstrin statt: am 15. August
1731. Ich will sie nicht schildern, da man sie schon kennt 2), und
Einiges von Seiten des Prinzen für den Fall vorbedacht war. Aber
als der König mit väterlicher Wärme ihm vorstellte, was daraus er-
folgt sein würde, wenn sein Plan gelungen wäre, besonders wie un-
glücklich die Königin darüber hätte werden müssen; ihn fragte, warum
er doch einen Vater anfeinde, der nur für ihn arbeite, und damit
nicht einmal seine Freundschaft erwerben könne, fühlte sich Friedrich
überwältigt; wenn wir es so bezeichnen dürfen, das Erz, das sein
Herz umgab, ward gebrochen; er empfand, daß der König ihn wirklich
liebe; so warf auch er sich demselben mit einer Hingebung zu Füßen,
und drückte ihm ein kindliches Gefühl aus, das jenseit aller Vor-
bereitung lag. Er bekannte Einiges, was er bisher allezeit verborgen
gehalten; sie schienen auf immer versöhnt. Man müßte blind sein,
1) Hille an Grumbkow 18. Dec. 1730. Dites ou cerivez lui tout ce,
due vous voulez; si cela n'est pas assaisonné de quelques traits d'esprit,
il s'en moque. S'il y en a, il admire, il pèse avec exactitude s'il y en
a trop ou trop peu du sel attique: mais pour ce, qui est du réel il se
ne met Pas gucère en peine.
2) Nachricht von Grumbkow an Seckendorf bei Förster III, 50.