Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

128 Fünftes Buch. Fünftes Capitel. 
finden sich zwei, die von großer Merkwürdigkeit sind, der eine über 
die Nothwendigkeit, den preußischen Handel durch die Herabsetzung 
der inneren Zölle zu heben, und die Vortheile zu benutzen, welche der 
Besitz der Odermündungen und eine so große Strecke der Ostseeküste 
in sich schließe; der andere von politischer Natur. Darin wird die 
geographische Unhaltbarkeit der preußischen Monarchie besprochen. Der 
Prinz findet, im Osten sei der Besitz von Westpreußen und des noch 
schwedischen Pommern unentbehrlich: im Westen werde Cleve sich erst 
vertheidigen lassen, wenn man auch Jülich und Berg besitze. So 
viel wir wissen, hat der König diesen Aufsatz nicht gesehen; aber 
Seckendorf wußte ihn sich zu verschaffen und schickte ihn an den 
Prinzen Eugen. Der zeigt sich in seiner Antwort ganz erstaunt über 
die weitaussehenden Ideen dieses jungen Herrn, der wohl noch flüchtig 
und unüberlegt, aber lebendig und vernünftig sei, so daß er seinen 
Nachbarn einmal gefährlich werden könne. Schon machte Friedrich 
bei Jedem, der ihn sah, den Eindruck einer bedeutenden Persönlich- 
keit. Feldmarschall Schulenburg war erstaunt, wie er die Offiiere 
seines Regiments, die er ihm vorstellte, empfing, beinahe wie ein 
König: er fühle, was er sei; er werde es einst zeigen. 
Noch waren aber die Fäden nicht alle angeknüpft, an denen sich 
sein persönliches Leben entwickeln sollte. Indem sich Friedrich zu Ge- 
danken erhob, die ganz anders als die weitfliegenden Pläne, denen er 
sich früher hingegeben, zugleich praktisch und kühn erscheinen, dachte 
sein Vater, um jede weitere Abweichung unmöglich zu machen, nun 
doch darauf, ihn unverzüglich zu vermählen. 
In Mitten der Mißverständnisse, selbst nach dem Hothamschen 
Begegniß, hatte der Londoner Hof auf seine Entwürfe einer Familien= 
verbindung nicht Verzicht geleistet. Er war sogar geneigt, damit eine 
Annäherung an Oesterreich in Verbindung zu bringen, wie Friedrich 
Wilhelm zuletzt gefordert: noch im September 1730 hat Harrington 
eine Eröffnung in diesem Sinne gemacht. Eben damals aber stellte 
sich bei den Untersuchungen über die Flucht des Kronprinzen heraus, 
daß die englischen Bevollmächtigten, wenn sie auch nicht so weit ge- 
gangen sein sollten, wie man vermuthete, doch die Beziehungen desselben 
zu ihrem Hofe vermittelt, seine Anfragen nach Hause besorgt, ihm 
Antworten, wiewohl nicht immer eines Inhalts, wie er ihn wünschte, 
mitgetheilt hatten 1). In dem Eifer der Entrüstung, die hierüber 
1) Der König an Chambrier 16. Sept.: Vous ne devez pas dissimuler, 
due la cour d'Angleterre n'avait pas ignoré due le prince meditoit soo
	        
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