Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

134 Fünftes Buch. Fünftes Capitel. 
Dem König aber durfte er nicht wagen sich zu widersetzen, auch 
nicht in dieser persönlichsten Sache. Schon den 28. schritt Friedrich 
Wilhelm dazu, denn Verzug kannte er nicht, die Heirath zu Stande 
zu bringen. Nachdem er den Herzog und die Herzogin von Bevern 
in Person um ihre Einwilligung ersucht hatte, ward Friedrich herbei- 
beschieden. Da er erklärte, daß er keinen Widerwillen gegen die 
Prinzessin fühle, rief man auch diese, die dann als ein gutes Kind 
antwortete: sie werde Alles thun, was Vater und Mutter von ihr 
forderten, die Person des Prinzen mißfalle ihr mit Nichten. Der 
König bestand darauf, daß dieser sofort seinen künftigen Schwieger- 
eltern zum Zeichen kindlicher Ehrerbietung die Hand küsse. 
So eben war auch Herzog Franz von Lothringen nach Berlin 
gekommen, und ward hier auf das beste empfangen. Der König ließ 
die großen Grenadiere zu Potsdam ihre Uebungen vor ihm machen, 
die Geschütze von Berlin bei seiner Ankunft abfeuern, Bataillone, 
deren Paraden er besuchte, ihm ein Vivat bringen, und was dem 
mehr ist 1). In seiner Gegenwart ward die feierliche Verlobung des 
Kronprinzen am 10. März vollzogen. Der König wechselte die Ringe; 
dem Prinzen traten Thränen in die Augen, nicht gerade aus Rührung. 
Ist es wahr, daß die Dame, der er einmal sein Herz gewidmet, sich 
in der Gesellschaft befunden hat? Man sagt, nach dem Ceremoniel 
habe sich Friedrich zu ihr gewandt, um sich mit ihr zu unterhalten. 
— Ueber sein häusliches Leben war nun das Loos geworfen. 
Den andern Tag führte der König den Kronprinzen in das 
Generaldirectorium ein, für den Anfang unter der Bedingung, daß 
er noch nichts entscheiden, sondern erst suchen solle sich zu unterrich- 
ten; habe er Zweifel, so möge er nicht widersprechen, sondern die 
alten Resolutionen des Königs nachsehen. Er beförderte ihn gleich- 
sam, wie einen seiner Räthe, von der untern zur obern Behörde. 
Auch in das Militär ward der Prinz wieder aufgenommen, zum 
Obersten und Chef des bisber Golzschen Infanterieregiments, das in 
Ruppin stand, erklärt. Er hatte seine Freiheit wieder, aber man sieht, 
um welchen Preis, und mit welcher Verpflichtung zum strengsten 
Gehorsam. 
Der König äußerte viel Genugthuung über den Gang dieser 
Dinge. Man habe ihm in seiner Familie Gesetze geben, ihm vor- 
wohnen dürfen; sie erstaunte über die Veränderung, die in ihm vorgegangen 
war. Mem. de Baireuth I, 343. 
1) Zeitungsartikel in Faßmanns Fr. Wilhelm 1, 429.
	        
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