136 Fünftes Buch. Fünftes Capitel.
sie Preußen, wie sie wünschte, gewonnen, so würde der Kaiser haben
nachgeben müssen. Wären jene Vermählungen auch nur ohne poli-
tische Alianz zu Stande gekommen, so würde Preußen eine Stellung
zwischen beiden Mächten ergriffen und die Vermittelung in die Hände
henommen haben. Jetzt näherte sich der englische Hof dem kaiser=
lichen, eher im Gegensatz mit Preußen. Er konnte es nicht auf-
schieben, da der friedliche und ungestörte Handelsverkehr mit Spanien
und dessen Colonien, den die englische Nation vor allem wünschte,
ohnedies nicht herzustellen war. So lange die spanischen Besatzungen
nicht in die dem Don Carlos bestimmten Plätze aufgenommen wor-
den, war der Tractat von Sevilla unvollzogen; die spanische Regierung
fühlte sich durch denselben noch nicht gebunden, und ließ die Engländer
fortwährend ihre Verstimmung empfinden. Den kaiserlichen Hof zur
Einwilligung zu vermögen, gab es aber, wie die Dinge standen, kein
anderes Mittel, als daß man ihm in der Angelegenheit, die ihm am
Herzen lag, der Festsetzung der Erbfolge, die Hände bot. Das hatte
jetzt weniger Schwierigkeiten als früher, da an die spanischen Ver-
mählungen nicht mehr zu denken war, und es erschien sogar wünschens-
würdig, weil sich am französischen Hofe immer deutlicher sehr ein-
seitige Pläne in Bezug darauf hervorthaten. Und so zeigte sich Eng-
land zu diesem Schritte bereit, wofern Oesterreich die auf der andern
Seite nöthigen Concessionen gewähren wollte: wozu sich dies sofort
verstand. Am 16. März 1731 ward ein neuer Vertrag in Wien
geschlossen, in welchem sich England zur Garantie der österreichischen
Erbfolgeordnung anheischig machte, Oesterreich dagegen die Aufnahme
der Garnisonen in jene Plätze bewilligte, und zugleich die Compagnie
von Ostende, deren Aufrichtung so große Bewegungen veranlaßt, de-
finitiv fallen ließ 1). Prinz Eugen fühlte sich in hohem Grade zu-
frieden. Er meinte, daß man nun auch die spanischen Truppen ohne
Weiteres aufnehmen und dadurch den Tractat zu unzweifelhafter
Gültigkeit bringen sollte. Wenn Oesterreich bei der Errichtung der
Compagnie und seiner Verbindung mit Spanien wirklich nur die Ab-
sicht gehabt hätte, die noch widerstrebenden Seemächte, denn Holland
schloß sich den Engländern an, zur Anerkennung der Erbfolge zu
bringen, so wäre seine Politik sehr geheimnißvoll, gewandt und glück-
lich gewesen. Zu ihrem Erfolge gehörte aber, denn sonst hätten die
Sachen auch ganz anders kommen können, daß eben ein Mann wie
1) Urkunde bei Dumont Sopplement III, 2, 228. Actus concurrentiae
ordinum generalium ad tractatum Viennensem ibid. 291.