Anwachs und Organisation des Kriegsheeres. 149
leisten. Man fand das Wort des alten Cato bewährt, daß der
Bauernstand die tapfersten Leute gebe.
Leicht die Hälfte der Armee ward durch Werbung zusammen-
gebracht und in Stand gehalten. Was dabei die größten Be-
schwerden veranlaßte, war die Vorliebe des Königs für hochgewach-
sene riesenhafte Menschen, die man aus allen Theilen von Europa,
— Schweden, Irland, der Ukräne, den österreichisch-türkischen Grenz-
gebieten von Niederungarn, welche sich besonders ergiebig erwiesen, —
mit einem bei der übrigen Sparsamkeit in Erstaunen setzenden Auf-
wand, im deutschen Reiche, wo es die Landesfürsten nicht gestatten
wollten, nicht ohne Gewaltsamkeit und List zusammenbrachte. Noch
waren aber nicht alle Gebiecte geschlossen: als Kurfürst hatte der König
das Recht, in den Reichsstädten und deren Bezirken zu werben, und
es fehlte in Deutschland an solchen nicht, welche das Kriegshandwerk
liebten und sich gern für einen Dienst anwerben ließen, wo man gut
bezahlt und gut gehalten wurde. Dadurch gewann die Armee einen
allgemein deutschen Bestandtheil; die Verbindung der Eingeborenen
und der Angeworbenen erweckte zwischen ihnen Wetteifer und gegen-
seitige Aufsicht; sie verwuchsen in der strengen Schule militärischer
Einübung ineinander.
Es würde jenseit unserer Grenzen liegen, wollten wir entwickeln,
wie diese beschaffen war, wie die beiden großen Exercitienmeister, der
Fürst Leopold von Anhalt auf jener kleinen Wiese zu Halle, und der
König selbst in seinem spartanischen Potsdam, jener die erste Grund-
lage schuf, dieser die weitere Ausbildung hinzufügte. Denn dazu
hauptsächlich diente das Regiment der Kroßen Leute in Potsdam, um
jede nöthig scheinende Veränderung zu erproben und zu vollkommener
Fertigkeit auszubilden 1). Die Hauptsache ist Gleichschritt und rasches
Feuern; wie der König es einmal ausdrückt „geschwinde laden, ge-
schlossen antreten, wohl anschlagen, wohl in das Feuer sehen, Alles
in tiefster Stille“. Jenen tiefen Colonnen gegenüber, in welchen einst
die spanische Schlachtordnung vorrückte, hatten die ihnen widerstehenden
Heere eine breite Front eingerichtet, weniger ausgesetzt der Gewalt
des Geschützes und wirksamer durch zahlreicheres Schießgewehr. Wenn
Muslete und Pite früher nebeneinander erschienen, so besaß man
jetzt in Bajonett und Flinte gleichsam eine Verbindung von beiden.
1) Oft schickten die andern Regimenter ihre Offiziere nach Potsdam, um
sich durch Anschauung anzueignen, was sich aus den Instructionen nicht
ergiebt.