150 Sechstes Buch. Erstes Capitel.
Sehr nützlich erwies sich der eiserne Ladestock, durch dessen stärkeren
Stoß die Patrone auf einmal festgesetzt wurde, während sonst ver-
schiedene Ansätze nöthig waren; man zog auch deshalb großgewachsene
Männer vor, weil sie zu diesen Handgriffen von Natur geschickter
seien. Das ganze Fußvolk der preußischen Armee konnte in vier
Linien aufmarschiren, von denen die erste und die letzte aus den
größten und stärksten, die beiden mittleren aus etwas minder, aber
immer noch starken und großen Leuten bestanden. In ihren Fahnen
sah man den nach der Sonne gerichteten Adler; sie machten einen
überaus kriegerischen und militärisch furchtbaren Eindruck. Freunde
und Feinde, sagt Fürst Leopold in einem seiner Briefe, bewundern
Ew. Majestät Infanterie; die Freunde sehen sie für ein Wunderwerk
der Welt an, die Feinde mit Zittern #).
Die Führer dieser Schaaren, deren Tagewerk es bildete, die
Uebungen durchzumachen, und den Neueingestellten einzuprägen, waren
bei weitem zum größten Theile die eingeborenen Landedelleute. Bei
einer Aufzählung des pommerischen Adels vom Jahre 1724 wird die
Bemerkung hinzugefügt, daß er, mit wenigen Ausnahmen, aus lauter
Offizieren bestehe, die noch dienen oder doch gedient haben 2).
Eine der vornehmsten Bemühungen Friedrich Wilhelms war
nun, sich ein durch und durch lebendiges brauchbares Offiziercorps zu
bilden.
Wie sehr ward eben damals im österreichischen Dienste geklagt,
daß man die Offizierstellen nicht allein durch Kauf erwerbe, sondern
sogar wieder verkaufen könne): man sehe sie nicht als eine Ehre an,
sondern als einen Besitz, den man veräußern dürfe; auch wo das
nicht geschehe, trete doch überall der verdiente und bewährte Mann
vor einem jungen vornehmen Emporkömmling im Dienste zurück.
Auch in der preußischen Armee galt früherhin das allgemeine
Herkommen, daß die Stellen der unteren Offiziere von den Obersten
besetzt, nach ihrem Gutdünken Fähndriche zu Lieutenants, diese zu
Hauptleuten befördert wurden: zu den Stellen der Stabsoffiziere blieb
1) Er gedenkt seines Großvaters, der den ersten Stein zu diesem unsterb-
lichen Werk gelegt. „Da ich denn die Ehre habe, von meinem 17. Jahre
an darunter zu dienen, und allen wenigen Ruhm, den ich habe mit E. E. M.
Fußvolk erworben.“
2) Gundling bommerischer Atlas, ein Theil des brandenburgischen, auf
der Rückseite von S. 278.
3) Nach Foscarini storia arcana p. 113 kaufte man eine Compagnie
für 8000, die Stelle eines Majors für 20,000, eines Obersten für 30,000 G.