154 Sechstes Buch. Erstes Capitel.
daß Friedrich I, nach dem Sinne seiner Staatswirthschaft, eine große
Reluition der Lehnsverpflichtung auf einmal vorzunehmen, und da-
durch einige Millionen zu gewinnen dachte, die er anderweit zu mili-
tärischen Zwecken verwenden wollte.
Unter Friedrich Wilhelm nahm man diesen Gedanken mit
größerem Nachdruck auf. Ein Mitglied des geheimen Rathes, von
Katsch, früher Militärjustizbeamter, setzte nochmals auseinander, wie
wenig Vortheil der Lehnsherr von den Lehen habe, — denn selbst der
Heimfall nütze ihm nichts, da er die Güter, und zwar oft nach sehr
beschränkenden Landesgesetzen wieder verleihen müsse —, und wie be-
schwerlich dennoch der Lehnsnexus den Besitzern falle. Man plage
sie mit Sporteln, namentlich bei der Muthung; es sei ihnen un-
möglich, die geringste Verfügung vorzunehmen, ohne einen Consens,
den sich die Lehnskanzlei theüer bezahlen lasse; Unmündige seien in
unaufhörlicher Besorgniß, einen Fehler zu begehen und dafür gestraft
zu werden: und welch ein Verlust sei der Heimfall für Frauen und
Töchter, die aus ihren Sitzen verstoßen werden und sich nicht zu
nähren wissen. Würde dies Alles beseitigt, und dem Besitzer dagegen
freie Hand über die Güter gelassen, so werde man den Anbau der-
selben in wenig Jahren verbessert, und ihre Preise steigen sehen; der
innere Reichthum des Landes werde sich wesentlich vermehren.
Dem ausschließend auf das Nützliche gerichteten Sinne Friedrich
Wilhelms widersprach es ohnehin, veraltete Rechte aufrecht zu er-
halten, die sich nur drückend erwiesen. Was ihn aber für den Vor-
schlag gewann, war der Nachweis der Möglichkeit, den Lehngütern
eine jährliche Zahlung aufzulegen, deren Gesammtbetrag ein gar nicht
unbedeutender Zuschuß für seine Kriegskasse sein würde. Da zumal
einige Edelleute, denen er das Vorhaben eröffnete, ihm beistimmten,
so erklärte er sich sofort bereit, gegen Zahlung eines Canon die
sämmtlichen Lehen zu allodificiren; nicht allein sein Heimfallsrecht
wollte er aufgeben, sondern den Vasallen die Befugniß ertheilen, ihre
Güter zu veräußern oder Geld darauf aufzunehmen nach ihrem
Belieben.
Das war jedoch nicht seine Stellung in dem Lande, daß er eine
so tief in die Privatrechte eingreifende Neuerung einfach hätte an-
Friedrichs vom 25. Nor. 1732, sich beziehend auf „was er im versammelten
Geheimen Rath ohnlängst erklärt habe“; Antwort der Geheimen Räthe vom
22. Dec. 1702, worin sie dem König „ihre Dubia zu allerhöchster Dijudicatur
vorlegen.“