Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

168 Sechstes Buch. Zweites Capitel. 
freier Zufuhr aus Polen, um ein Achttheil oder ein Sechstheil eines 
Thalers kaufen können, wofür man jetzt wenigstens ein Viertheil be- 
zahlen mußte. Der nächste Grund war, daß der König selbst seine 
Pächter nicht in den Fall kommen lassen wollte, zahlungsunfähig zu 
werden; aber die Anordnung kam allen Gutsbesitzern zu Statten. 
Für die Städte und die Miliz ward man dadurch besorgt, daß man 
den Preis auch wieder nicht allzuhoch steigen ließ. In Zeiten von 
Mißwachs und Theuerung öffneten sich die königlichen Magazine, die 
in wohlfeilen Jahren gefüllt worden waren, und nicht selten erwies 
sich diese Fürsorge überaus segensreich. Im Jahre 1736 z. B., wo 
man in der Nachbarschaft, in Polen und Schlesien, das ganze Unheil 
einer Hungersnoth aushalten mußte, empfanden die brandenburgischen 
Lande kein besonderes Ungemach. Der Bauer ward mit Korn zur 
Aussaat unterstützt, das er nach eingebrachter Ernte zurückerstattete. 
Das wohlgeordnete Staatswesen sollte über die Zufälligkeit der An- 
wendung menschlicher Kräfte und die Schwankungen der Natur erheben. 
Man hat es als den vornehmsten Grund betrachtet, warum die 
Alten sich so wenig wissenschaftlich mit finanziellen Fragen beschäftigt 
haben, daß es dabei darauf ankomme, aus immer ungleichen Ein- 
künften die immer ungleichen Bedürfnisse zu bestreiten; hier war viel- 
mehr der Sinn, beide fortwährend gleich zu halten und in gleichem 
Verhältniß miteinander zu entwickeln. 
Friedrich Wilhelm stiftete in dem Generaldirectorium eine Behörde, 
die vor allem auf die Erreichung dieses Zweckes hinarbeiten sollte. 
Man weiß, daß die nächste Veranlassung zur Gründung der- 
selben in den Zwistigkeiten lag, die zwischen dem Kriegscommissariat, 
welches die Kriegsgefälle in den Städten und auf dem Lande, Aczise 
und Contribution verwaltete, und dem Finanzdirectorium, das die 
Bewirthschaftung der Domänen leitete, ausbrachen. Ihre Befugnisse, 
aus verschiedenem Ursprunge herrührend, stießen nicht selten gegen- 
einander. In dem einen erschien der Fürst als großer Lanbbesitzer, 
seinem Adel gleichartig, in dem andern als allgemeiner Kriegsherr; 
es kam vor, daß die Domänenkammern den Pächtern Zugeständnisse 
machten, die den Anordnungen des Commissariats widersprachen, und 
Klagen gegen dasselbe, welche die Stände erhoben, in aller Form mit- 
unterzeichneten. Durch den allgemeinen Wetteifer im Dienst, den der 
Ernst und die Wachsamkeit des Königs erweckt hatte, ward das Uebel 
erst recht zu Tage gebracht. 
Hierauf beschloß Friedrich Wilhelm die beiden Behörden zu ver- 
einigen. Wie es scheint, ist dieser Gedanke zuerst im Gespräch von
	        
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