Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

196 Sechstes Buch. Drittes Capitel. 
Hauses gefährlich werden dürfte. Man könnte nicht sagen, daß hierin 
etwas Neues liege. Gerade deshalb hatte man die Verabredungen 
getroffen, deren wir gedacht haben, und einen, wie es schien, allen 
angenehmen Candidaten ausgesucht. So viel wir finden, hatte Don 
Emanuel wirklich Freunde in Polen 1). 
Da trat nun aber in Wien noch eine andere Betrachtung ein. 
August II hatte einen Sohn hinterlassen, Erben seines Namens, doch 
nicht seiner Talente, weder im Guten noch im Bösen, auch nicht 
seiner politischen Beweglichkeit; durch seine Gemahlin stand, er mit 
dem Hause Oesterreich in naher Verwandtschaft. Ueber die Ansprüche 
derselben an die Erbfolge gab er jetzt Erklärungen, die den Wiener Hof 
befriedigten. Schon Mitte März äußerte Prinz Eugen in einer Abend- 
gesellschaft, der sächsische Gesandte ertheile ihm solche Versicherungen, 
daß man mit dem Nachfolger besser zufrieden sein zu können hoffe, 
als mit dem Vorgänger. Und war es nicht von dem größten In- 
teresse ihn zu gewinnen, da er unter denen, welche Ansprüche machen 
konnten, wo nicht die erste doch die zweite Stelle einnahm? Es mag 
sein, daß auch die Mutter der neuen Kurfürstin von Sachsen, die 
verwittwete Kaiserin ihren Einfluß dafür verwandte. Aber die Haupt- 
sache lag in der Hoffnung, zugleich eines sehr widerwärtigen An- 
spruches erledigt zu werden, und einen zuverlässigen Freund auf dem 
polnischen Throne zu sehen. Da es offenbar leichter werden mußte, 
mit dem Erben eines letzten Königs, der Alles gethan, um sich eine 
Partei zu verschaffen, wenn er von den Mächten unterstützt wurde, 
durchzudringen, als mit einem portugiesischen Infanten, der wenigen 
bekannt war, so neigte man sich auch in Nußland zu dieser Aus- 
kunft. 
Da trat nun aber die Frage ein, wie die dritte Macht, Preußen, 
diese Umwandlung der politischen Absichten aufnehmen, ob es sie 
billigen und theilen würde. 
Auf den ersten Blick leuchtet ein, daß Preußen für sich selbst 
sich nicht in so entschiedener Nothwendigkeit befand, den französischen 
1) Foscarini BRelatione di Vienna. Conosciutolo di spiriti differenti 
dal padre, c disposto pur anche a riconoscere la pragmatica si risolvctte 
(la corte) Tinalzarlo; — abandonando Dinfamte considerato di non aver 
Costumi idonei a conciliarsi favorc nella nationc Polacca, dove nemmeno 
ritenern capital di aderenze proprie c di amici. E credesi inoltre che 
a questo cungiamento — contribuisse non poco in segreto H’imperatrice 
vedora, tratta dall’“ ambitione di reder la figlirola con una corona 
sul capo.
	        
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